Abmahnung

Sinn und Zweck der Abmahnung

Die Abmahnung ist die Aufforderung, ein rechtswidriges Verhalten in der Zukunft zu unterlassen. Das Abmahnschreiben dient vor allem dazu, ein Gerichtsverfahren zu vermeiden. In dem außergerichtlichen Schreiben wird aufgefordert, innerhalb einer Frist eine Unterlassungserklärung abzugeben. Damit wird dem Abgemahnten die Gelegenheit gegeben, den Streit vor Klageerhebung durch Abgabe einer Unterlassungserklärung zu beenden.

Abmahnungen sind üblich im Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht und Designrecht, weil diese Rechte Unterlassungsansprüche gewähren. Die meisten Streitigkeiten in diesen Rechtsgebieten werden nach einer Abmahnung dann auch ohne Gerichtsverfahren beendet. Die außergerichtliche Aufforderung  hilft, Gerichtsprozesse zu vermeiden.

Aus Sicht des Urhebers, Markeninhabers oder betroffenen Wettbewerbers hat die Abmahnung aber noch einen anderen Zweck: Geht der Rechtsinhaber bei einer Rechtsverletzung gleich zu Gericht, ohne dem Rechtsverletzer eine Abmahnung geschickt zu haben, besteht das Risiko, dass der Rechtsverletzer den Unterlassungsanspruch sofort anerkennt. Ein sofortiges Anerkenntnis führt dazu, dass der klagende Rechtsinhaber – obwohl er im Recht ist und das Gerichtsverfahren gewinnt – die Kosten der Klage oder der einstweiligen Verfügung tragen muss. Nur im Ausnahmefall ist ein sofortiges Anerkenntnis nicht möglich. Dann ist auch eine vorherige Abmahnung nicht nötig und der Rechtsinhaber kann gleich eine einstweilige Verfügung beantragen.

Form der Abmahnung

Grundsätzlich ist eine Abmahnung formlos, z.B. telefonisch, möglich. Üblich ist aber – schon zu Beweiszwecken – die Abmahnung schriftlich auszusprechen. Auch um im Prozess den Zugang der Abmahnung beim Abgemahnten darlegen zu können, wird die Abmahnung immer auf verschiedenen Wegen zugestellt. Üblich ist eine Zustellung der Abmahnung per Post, e-mail und Fax.

Inhalt der Abmahnung

In der Abmahnung muss stehen, wer konkret den Unterlassungsanspruch geltend macht. Da die Abmahnung in der Regel durch Anwälte ausgesprochen wird, enthalten die Abmahnungen in der Regel einen Einleitungssatz, in dem sinngemäß steht: „Wir vertreten die rechtlichen Interessen von…“.

Das Abmahnschreiben muss auch mitteilen, welches Verhalten konkret beanstandet wird und warum dies rechtswidrig sein soll.

Hier noch einige Punkte, die immer wieder bei Abmahnungen diskutiert werden.

Abmahnung nur mit Vollmacht?

Auch wenn man es in Internetforen häufig anders liest: Eine Abmahnung ist auch ohne die Vorlage einer Vollmacht wirksam!

Umstritten ist, ob der Abgemahnte eine Abmahnung ohne Originalvollmacht nach § 174 BGB zurückweisen kann. Der BGH jedenfalls sagt, dass § 174 BGB nicht anwendbar ist, wenn der der Entwurf einer Unterlassungserklärung beiliegt, weil die Abmahnung dann ein (Vertrags-) Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages ist (Zum Nachlesen: BGH vom 19.05.2010, Az.: I ZR 140/08 „Vollmachtsnachweis“)

Vorformulierte Unterlassungserklärung in der Abmahnung

Die Abmahnung ist auch wirksam, wenn keine Unterlassungserklärung beiliegt. Besteht ein Unterlassungsanspruch und ist deswegen die Abmahnung wirksam, ist es Aufgabe des Abgemahnten, eine Unterlassungserklärung abzugeben und diese auch selbst zu formulieren. Normalerweise schickt aber der Abmahner im eigenen Interesse eine vorformulierte Unterlassungserklärung mit. Damit ist er hinsichtlich des Wortlautes im Vorteil und kann steuern, welche Erklärung der Abgemahnte abgibt.

Aus Sicht des Abgemahnten ist es fast nie sinnvoll, eine vorformulierte Unterlassungserklärung einfach zu unterschreiben, da diese nie in seinem Sinn formuliert ist. Häufig sind die Unterlassungserklärungen viel zu weit formuliert, so dass auch eigentlich erlaubtes Verhalten in der Zukunft verboten wird. Insbesondere im gewerblichen Bereich ist bei der Formulierung einer Unterlassungserklärung darauf zu achten, dass einerseits der Unterlassungsanspruch beseitigt wird, andererseits aber man sich nicht sein Geschäftsmodell kaputtmacht.

Kurze Frist in der Abmahnung zulässig?

Die in einer Abmahnung für die Abgabe einer Unterlassungserklärung gesetzten Fristen sind häufig sehr kurz. Die kurzen Fristen sorgen immer wieder für Diskussionen, sind aber einfach zu erklären: Der schnelle gerichtliche Weg einer einstweiligen Verfügung steht dem Abmahner nur dann offen, wenn seit der Entdeckung der Rechtsverletzung nicht zu viel Zeit vergangen ist. Diese Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung, die Dringlichkeit entfällt, wenn der Rechtsinhaber zu lange wartet. Für die Dringlichkeit gibt es keine feste Frist, als Faustregel gilt aber ein Monat. Daher kann der Abmahnende in der Abmahnung nicht all zu lange Fristen gewähren, um nicht die Monatsfrist für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens zu verpassen.

Für durchschnittliche Fälle halten die Gerichte eine Frist von 8-10 Tagen für angemessen. Die Angemessenheit bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Abgemahnte genug Zeit bekommt, die Unterlassungserklärung rechtlich prüfen zu lassen. Wenn es ganz besonders dringend ist, z.B. bei Produktpiraterie, kann aber die angemessene Frist in Ausnahmefällen deutlich kürzer sein.

Wichtig: Auch eine zu kurze Frist macht die Abmahnung nicht unwirksam, sondern setzt nur eine angemessene Frist in Lauf.

Kosten der Abmahnung

Der Abmahner kann verlangen, dass ihm die durch die berechtigte Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattet werden. Die Kosten der Abmahnung errechnen sich aus dem Gegenstandswert des mit der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsanspruchs.

Die Ersatzpflicht ergibt sich bei wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen aus § 12 UWG, im Urheberrecht aus § 97 a UrhG und bei Ansprüchen aus dem Markengesetz und Designrecht aus §§ 683, 677,670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag).

Im Urheberrecht beschränkt der seit Oktober 2013 geltende ß 97 a Absatz 3 UrhG die Kosten, die für die Abmahnung gegen einen Verbraucher verlangt werden dürfen.

Rechtsmissbrauch bei Abmahnung

Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung ist unwirksam. Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ist dies in § 8 Absatz 4 UWG ausdrücklich geregelt. Eine Abmahnung ist dann rechtsmissbräuchlich, wenn sie überwiegend mit dem Ziel des Geldverdienens ausgesprochen wird oder derselbe Verstoß mehrfach abgemahnt wird. Allerdings muss man klar sagen, dass eine Abmahnung, der ein vernünftiges Interesse des Abmahners zugrunde liegt, der nur sein Urheberrecht oder seine Marke verletzt oder sich gegen unlauteren Wettbewerb richtet, von den Gerichten nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen wird.

Alternative zur Abmahnung: Die Berechtigungsanfrage

Nicht jedes Schreiben, das auf den ersten Blick wie eine Abmahnung aussieht, ist auch rechtlich eine Abmahnung.

Ist die Rechtslage unsicher, kann ein Rechtsinhaber statt einer Abmahnung auch eine so genannte Berechtigungsanfrage schicken. In der Berechtigungsanfrage wird der Gegner veranlasst, sein Verhalten zu rechtfertigen und zu sagen, warum er dazu berechtigt ist.

Vorteil aus Sicht des Rechteinhabers bei der Berechtigungsanfrage ist, dass – trotz schwacher eigener Rechtsposition – damit keine Gegenansprüche wegen einer unberechtigten Abmahnung, zum Beispiel eine negative Feststellungsklage, ausgelöst werden.

Eine Berechtigungsanfrage ist auch sinnvoll, wenn Streit vermieden werden soll und eine Zusammenarbeit in Betracht kommt.

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