Rechtsblog

12. Dezember 2016 – Ärzte im Internet – Schlechte Bewertungen auf sanego.de entfernen lassen

Bei der Suche nach dem richtigen Arzt können einem Bewertungsportale wie sanego.de weiterhelfen. Auf dieser Homepage findet man neben Informationen Öffnungszeiten der Praxis und Fachgebieten des Arztes auch Bewertungen seiner Patienten. Die Patiententen vergeben Punkte von 1 bis 10 in Kategorien wie Behandlungserfolg oder Arztkompetenz. Zusätzlich können die Nutzer noch einen Bewertungstext schreiben. So soll man sich einen schnellen und möglichst objektiven Eindruck vom Arzt verschaffen können.

Doch was können Ärzte tun, wenn Patienten falsche oder verletzende Bewertungen abgeben? Da sich immer mehr Patienten vor dem Arztbesuch auf solchen Bewertungsplattformen informieren, kann eine schlechte Bewertung für den Arzt gravierende wirtschaftliche Folgen haben.

Gegen berechtigte Kritik kann man nichts machen

Grundsätzlich ist es in Ordnung, Arztleistungen auf Internetportalen zu bewerten. Die Bewertungen sind als Tatsachenbehauptungen und Werturteile von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz geschützt.

Hintergrund: Tatsachenbehauptungen sind Aussagen die beweisbar sind, Beispiel: „Doktor Müller hat mir alle vier Weißheitszähne mit einmal gezogen“. Werturteile hingegen geben nur eine persönliche Meinung wieder, Bsp.: „Die Sprechstundenhilfe war unfreundlich und kurz angebunden“.

Auch kritische Bewertungen sind von den Ärzten hinzunehmen, da auch für sie die Meinungsfreiheit gilt. Solange die Bewertungen sachlich bleiben, sind auch überspitzte oder sogar polemische Bemerkungen in Ordnung.

Schmähkritik und Falsche Tatsachenbehauptungen sind rechtswidrig

Grundsätzlich verboten sind aber falsche Tatsachenbehauptungen. Wird beispielsweise angegeben, dass die Behandlung nur von der Arzthelferin durchgeführt wurde, während es tatsächlich der Arzt selbst einen behandelt hat, ist dies eine Lüge und nicht zulässig.

Ein Werturteil ist hingegen nur dann unzulässig, wenn es sich um Schmähkritik, also eine Diffamierung des Arztes, handelt. So ist die Aussage: „der Arzt war unfreundlich“ in Ordnung. Ihn als „Scharlatan“ oder „Kurpfuscher“ zu bezeichnen ist hingegen verboten.

Gegenüber diesen Aussagen hat der betroffene Arzt einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB analog, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz. Sanego haftet aber erst auf Unterlassung, wenn es Kenntnis von der unzulässigen Äußerung hat. Das ergibt sich aus dem Telemediengesetz. Kenntnis kann beispielsweise durch ein anwaltliches Schreiben hervorgerufen werden. In dem Schreiben muss dann die verletzende Aussage genau bezeichnet werden.

Kein Anspruch auf Namensnennung – aber Herausgabe von Patientenunterlagen gegen Bewertungsplattform

Auf Sanego können die Nutzer die Bewertungen auch anonym abgeben. Das ist oft ein Problem, da der Arzt die Bewertung keiner tatsächlich stattgefundenen Behandlung zuordnen kann. Verletzt eine Bewertung die Persönlichkeitsrechte des Arztes, dann kann er aber vom Bewertungsportal nicht verlangen, die Daten des Nutzers herauszugeben, so der BGH im Urteil vom 01. Juli 2014 (Az.: VI ZR 345/13). Der BGH war der Ansicht, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt, welche den Plattformbetreiber verpflichtet, die Daten ohne Einwilligung der Nutzer herauszugeben.

Im Urteil vom 1. März 2016 (Az.: VI ZR 34/15) ruderte der BGH allerdings teilweise zurück. Zwar sollen nicht alle Daten an den Arzt herausgegeben werden. Zweifelt ein Arzt aber an, dass der Bewerter überhaupt sein Patient war, muss das Bewertungsportal Nachforschungen anstellen und beim Bewerter Unterlagen anfordern, die die Behandlung beweisen. Diese Unterlagen, wie beispielsweise Bonushefte, Rechnungen oder Rezepte müssen dann an den Arzt weitergegeben werden. Mehr dazu lesen Sie im nächsten Artikel.

Wie wehrt man sich gegen unzulässige Bewertungen?

Steht nun eine Bewertung auf Sanego, mit welcher der Arzt nicht einverstanden ist, hat er verschiedene Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Wichtig ist dabei immer zwischen noch zulässigen Kritiken und unzulässigen Äußerungen unterscheiden.

Beleidigungen und Schmähkritiken löschen lassen

Beleidigungen und Schmähkritiken werden von Sanego nach einer Anzeige erfahrungsgemäß schnell gelöscht. Hat Sanego einmal Kenntnis von der rechtswidrigen Bewertung und löscht sie nicht, kann der Arzt mit einer Abmahnung oder Einstweiligen Verfügung gegen Sanego vorgehen. Dieses Risiko will das Bewertungsportal oft nicht eingehen. Dazu braucht es aber zwingend vorher den Hinweis auf die Persönlichkeitsrechtsverletzung, da Sanego – wie oben dargestellt – erst dann haftet, wenn es die rechtswidrige Bewertung kennt. Der Hinweis muss so gefasst sein, dass die Rechtsverletzung schnell, einfach und ohne großen Aufwand nachvollziehbar ist.

Dabei hilft es,einen Anwalt einzuschalten, der weiß wie ein solches Schreiben zu formulieren ist. Auf diese Weise konnten wir selbst schon betroffenen Ärzten weiterhelfen.

Falsche Behauptungen – Sanego zur Nachprüfung auffordern

Nach der neuesten BGH Rechtsprechung (Urteil vom 01.03.2016, Az.:VI ZR 34/15) kann ein Arzt aber auch effektiv gegen das Bewertungsportal vorgehen, wenn er der Ansicht ist, dass der Bewerter gar kein Patient von ihm war, oder falsche Angaben zur Behandlung macht.

Zweifelt der Arzt die Bewertung an, muss der Portalbetreiber den Bewertenden auffordern, die angeblich stattgefundene Behandlung zu belegen. Auch dabei ist es ratsam, einen Anwalt einzuschalten. Sanego teilt dem Bewerter nämlich auch mit, wenn sich der Arzt anwaltlich vertreten lässt. Das bewegt viele Bewerter dazu, die Bewertung gleich selbst zu löschen oder sich nicht zurückzumelden. Gibt es keine Rückmeldung, muss Sanego nach der eben genannten Rechtsprechung die Bewertung löschen.

Anspruch auf Weitergabe der Unterlagen

Meldet sich der Patient zurück und bestätigt die Behandlung, dann muss Sanego die vom Patient eingereichten Informationen und Unterlagen an den Arzt weiterleiten. Mit diesen Informationen kann der Arzt dann überprüfen, um welche Behandlung es sich handelt und ob die Bewertung zur Behandlung passt oder nicht. Mit Hilfe eines Anwalts können dann weitere rechtliche Schritte gegen Sanego – bzw. sogar den Patienten, wenn dieser nach Kenntnis der Unterlagen bekannt sein sollte – eingeleitet werden, denn selbstverständlich muss man sich keine falsche oder ungerechtfertigte Kritik gefallen lassen.

Fazit: Berechtigte Kritiken muss sich der Arzt gefallen lassen. Gegen falsche und verletzende Bewertungen kann man sich aber wehren. Dabei hilft es oft, einen Anwalt einzuschalten um eine schnelle Löschung zu erreichen. Der Anwalt kann auch einschätzen, welche Einträge noch erlaubt sind und gegen welche der Arzt rechtlich vorgehen kann.

Wir beraten Sie gerne zum Thema Onlinebewertungen.

 

Ihr Ansprechpartner für Medienrecht und Internetrecht:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M. in Leipzig

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

Rechtstipps und Urteile

↑ Zurück zum Seitenanfang