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Amtsgericht München – Täterschaftsvermutung bei Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eines Hörbuchs

Abmahnung – Unterlassungserklärung nicht unterzeichnet – Klage

 

Die Rechteinhaberin mahnte die Inhaberin eines Internetanschlusses wegen illegalem Filesharing eines Hörbuchs ab und forderte sie auf, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Die Anschlussinhaberin unterzeichnete aber nicht. Sie zahlte stattdessen 100 Euro ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, unter Voraussetzung, dass damit der Rechtsstreit beendet wird.

 

Die Rechteinhaberin gab sich damit aber nicht zufrieden und erhob Klage. Sie forderte mindestens 300 Euro Schadenersatz und 506 Euro Rechtsanwaltskosten.

 

Ehemann und Sohn nutzten auch Internetanschluss

 

Die Anschlussinhaberin behauptet, selbst nicht die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Sie gibt  an, dass auch ihr Ehemann und ihr 13jähriger Sohn das Internet benutzen konnten. Sie selbst habe nur rudimentäre PC-Kenntnisse. Außerdem habe sie während der Tatzeit das Abendessen zubereitet.

 

Täterschaftsvermutung kann durch konkrete Darlegung der Anschlussinhaberin widerlegt werden

 

Grundsätzlich gilt gegenüber der Anschlussinhaberin die Vermutung, dass sie für die Rechtsverletzung über ihren Internetanschluss selbst verantwortlich ist und die Urheberrechtsverletzung selber begangen hat.

 

Diese Vermutung ist aber widerlegbar. Dazu muss die Anschlussinhaberin darlegen, dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere Personen den Internetanschluss nutzen konnten – sogenannte sekundäre Darlegungslast. Nach Ansicht des Amtsgerichts München, muss die Anschlussinhaberin die als Täter in Betracht kommenden Personen konkret bestimmen. Sie ist verpflichtet, dazu die zumutbaren Nachforschungen anzustellen. Die Darlegung muss detailreich und plausibel sein.

 

Konkrete Nachforschungen nicht durchgeführt – Vermutung nicht widerlegt

 

Das Amtsgericht München ist der Auffassung, dass die Anschlussinhaberin die tatsächliche Vermutung, dass sie die Rechtsverletzung begangen hat, nicht widerlegen konnte. Die Anschlussinhaberin hat lediglich angegeben, dass weitere Familienmitglieder den Anschluss nutzen konnten. Sie hätte aber auch die Namen des Ehemanns und des Sohnes nennen müssen. Außerdem hätte sie nach Ansicht des Gerichts, nachforschen müssen, wer konkret zur Tatzeit illegales Filesharing betrieben haben könnte. Beides hat sie nicht getan.

 

Andere Tätigkeit im Tatzeitpunkt kann eigene Täterschaftsvermutung nicht widerlegen.

 

Auch eine von ihr angebotene Aussage des Ehemanns kann die Täterschaftsvermutung nicht widerlegen, da der Ehemann die Tätigkeit der Anschlussinhaberin nicht überwachen muss. Das gilt für die Internetnutzung als auch für die Zubereitung des Abendbrotes. Das Gericht weist auch darauf hin, dass das Filesharing nicht im Tatzeitpunkt angestoßen worden sein muss. Es meint damit, dass der Start des Downloads und des Uploads auch voreingestellt werden kann. Deshalb ist der Beweis über die Tätigkeit zur Tatzeit nicht geeignet, die Vermutung der Täterschaft zu widerlegen.

Im Ergebnis muss die Anschlussinhaberin Schadenersatz und Rechtsanwaltskosten zahlen.

 

Fazit: Das Amtsgericht München legt einen strengen Maßstab an die sekundäre Darlegungslast an. Es verlangt möglichst konkrete Nachforschungen über den Tathergang und die Namensnennung der in Betracht kommenden Täter. Für die Anschlussinhaber ist es damit nicht leicht, die Täterschaftsvermutung zu widerlegen.  Ähnlich streng urteilt aber auch das Landgericht Leipzig. Anderen Gerichten hätte die Angabe, welche Familienmitglieder Zugriff auf den Internetanschluss hatten, genügt. Die Anschlussinhaberin hätte dann weder Schadenersatz noch Rechtsanwaltskosten zahlen müssen.

 

Diese Uneinheitlichkeit der Rechtssprechung führt unweigerlich bei gleichen Sachverhalten zu verschiedenen Ergebnissen. Eine anwaltliche Beratung ist daher in besonderem Maße wichtig, um die eigenen Angaben an den Gerichtsmaßstab anzupassen.

 

Amtsgericht München, Urteil vom 29.10.2014, Az.: 58 C 25768/13

 

 

 

Falls Sie eine Abmahnung erhalten haben, beraten wir Sie gern!

 

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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