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Amtsgericht Frankfurt a. M. entscheidet bei Filesharing im Mehrpersonenhaushalt zugunsten des Anschlussinhabers

Klage nach Abmahnung wegen Filesharing eines Films

Ein Anschlussinhaber erhielt eine Abmahnung von der Rechteinhaberin wegen illegalem Filesharing eines Filmes über eine Tauschbörse. Darin wurde der Anschlussinhaber aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben und die Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Der Anschlussinhaber zahlte nicht. Daraufhin klagte die Rechteinhaberin gegen den Anschlussinhaber auf Zahlung von 157,80 Euro Schadenersatz und 807,80 Euro Rechtsanwaltskosten.

Internetanschluss wird von mehreren Familienmitgliedern und Nachbar genutzt

Der Anschlussinhaber gibt an, die Urheberrechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben. Seine Ehefrau und sein Sohn hätten eigenständigen Zugang zum Internet gehabt. Seine Ehefrau besitze aber gar nicht die Fertigkeiten um eine Internettauschbörse zu nutzen. Außerdem sei der Internetanschluss mit einem Nachbarn geteilt worden, der dafür monatlich 5 Euro an den Anschlussinhaber zahlen musste. Der Nachbar sei vom Anschlussinhaber darauf hingewiesen worden, rechtswidrige Tätigkeiten zu unterlassen. Auf Nachfrage hat er die Urheberrechtsverletzung auch nicht eingeräumt.

Täterschaftsvermutung in Mehrpersonenhaushalten leicht widerlegbar?

Grundsätzlich gilt die Vermutung, dass der Anschlussinhaber selbst Täter der Urheberrechtsverletzung ist. Diese Vermutung kann durch ihn jedoch widerlegt werden – sogenannte sekundäre Darlegungslast.

Das Gericht äußert Bedenken, ob eine derartige Vermutung in Mehrpersonenhaushalten überhaupt angewendet werden kann. Die Anwendbarkeit würde voraussetzen, dass in erster Linie der Anschlussinhaber den Internetzugang nutzt und bewusst kontrolliert. Nach allgemeiner Lebenserfahrung wird der Internetanschluss in Mehrpersonenhaushalten aber von jedem Mitbewohner selbstständig genutzt. In der heutigen vernetzten Gesellschaft stellen Gemeinschaftsanschlüsse nach Statistiken sogar den Regelfall dar.

In solchen Fällen reicht es aus nach Ansicht dieses Gerichts aus, dass der Anschlussinhaber vorträgt, dass andere Personen den Anschluss im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung benutzen konnten. Damit kann die Vermutung, dass er selbst die Urheberrechtsverletzung begangen hat, sollte sie überhaupt bestanden haben, widerlegt werden. Konkrete Nachforschungen über die tatsächliche Begehung der Rechtsverletzung muss der Anschlussinhaber nach Ansicht des Gerichts nicht anstellen. Er muss nur angeben, welchen anderen Personen bewusst die Möglichkeit zur Mitbenutzung des Internets eingeräumt wurde.

Nach Auffassung des Gerichts muss der Anschlussinhaber andere Familienmitglieder bei der Internetnutzung nicht überwachen. Das ist ihm nicht zuzumuten.

Anschlussinhaber hat Möglichkeit der Begehung durch andere ausreichend dargelegt

Das Amtsgericht Frankfurt a. M. gab dem Anschlussinhaber recht. Es sah die sekundäre Darlegungslast als erfüllt an. Der Anschlussinhaber hat seine eigene Täterschaft verneint und vorgetragen, dass andere Personen illegales Filesharing betrieben haben könnten. Er hat die Personen auch konkret benannt. Er hat auch beim Nachbarn nachgefragt. Es ist nun wieder Sache des Rechteinhabers, den Täter zu ermitteln und Beweise vorzulegen. Dies hat die Rechteinhaberin hier nicht geschafft.

Störerhaftung ebenfalls ausgeschlossen

Eine Haftung als Störer kommt nur in Betracht, wenn der Anschlussinhaber Prüfpflichten verletzt hat. Prüfpflichten bestehen aber nur, wenn es besonderen Anlass gibt. Zum Beispiel, wenn Familienmitglieder bereits durch Filesharing aufgefallen sind. Hier war kein Anlass zur Prüfung oder Überwachung ersichtlich. Eine Störerhaftung scheidet damit aus.

Im Ergebnis muss der Anschlussinhaber weder Schadenersatz noch Rechtsanwaltskosten zahlen.

Fazit:

Das Amtsgericht Frankfurt a. M. stärkt durch realitätsnahe Schlussfolgerungen die Rechte des Anschlussinhabers im Mehrpersonenhaushalt. Es geht wie der Bundesgerichtshof davon aus, dass der Anschlussinhaber nur die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch einen anderen plausibel vortragen muss. Konkrete Nachforschungen zur Täterermittlung sind wie die Überwachung anderer Mitbewohner in der Regel nicht zuzumuten.

Achtung: Andere wenige Gerichte sind strenger und verlangen konkretere Nachforschungen, z.B.  Amtsgericht und Landgericht Leipzig.

Amtsgericht Frankfurt/Main, 23.10.2014 – Az.: 32 C 1670/14

Falls Sie eine Abmahnung erhalten haben, beraten wir Sie gern!

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

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