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26. 2. 2016 – BGH: Nach Foto-Post von Richter auf Facebook: Befangenheit!

Foto auf Facebook mit Kommentar und Likes

Ein Richter in Strafsachen am Landgericht Rostock hatte bei Facebook ein Foto von sich gepostet. Auf dem Facebook-Foto war der Richter mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“ zu sehen. Zudem stand im Post des Richters als Kommentar auf der Facebook-Seite „Das ist mein `Wenn du raus kommst, bin ich in Rente`-Blick.“

Dieser Eintrag wurde von einem Facebook-Nutzer mit den Worten: „…sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer! :-))“ kommentiert, was wiederum von zwei Personen, darunter der Richter selbst, „geliked“ wurde.

Die  Anspielung des Fotos auf die Werbung einer Bausparkasse war deutlich, aber nicht jeder sah darin einen Jux.

Ein Rechtanwalt, dessen Mandant im April 2015 unter anderem wegen erpresserischen Menschenraubs zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurde, hatte den Facebook-Post mit dem Foto gesehen und einen Befangenheitsantrag gegen den Richter gestellt. Argument war, dass das Foto via Facebook während des Strafverfahrens gepostet wurde.

Das Landgericht lehnte den Befangenheitsantrag mit der Begründung ab, dass der Internetauftritt des Richters ausschließlich dessen persönlichen Lebensbereich betreffe und offensichtlich humoristisch gemeint sei. Gegen die Entscheidung wurde Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Der Facebook-Eintrag und das Foto wurden bei Facebook inzwischen gelöscht. Daher gab es gegen den Richter keine weiteren Befangenheitsanträge.

Facebook-Eintrag eines Richters mit Foto nicht nur Privatangelegenheit

Der Bundesgerichtshof hob das in dem Strafverfahren gefällte Urteil des Landgerichts Rostock wegen dieses Eintrags bei Facebook auf. Das Verfahren wird jetzt beim Landgericht Stralsund neu aufgerollt.

Facebook-Eintrag schafft Zweifel an Objektivität des Richters

Der BGH sagte, dass der Facebook-Eintrag eindeutig eine innere Haltung des Richters dokumentiert.

Aus dem Facebook-Post, der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten im Internet zugänglich war, ergibt sich zumindest der Verdacht, dass der Richter die Fälle in seinen Strafverfahren nicht objektiv beurteilt, sondern Spaß an der Verhängung hoher Strafen hat und sich über die Angeklagten lustig macht.

Kein engerer Zusammenhang der Facebook-Einträge mit konkretem Strafverfahren erforderlich

Da die Facebook-Seite einen eindeutigen Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Richters hat, betrifft die Facebook-Äußerung nicht nur seine persönlichen Verhältnisse.

Daher ist ein engerer Zusammenhang mit dem konkreten Strafverfahren nicht erforderlich, um die Befürchtung zu begründen, der Richter habe nicht die gebotene Neutralität.

Das Strafurteil wurde vom BGH aufgehoben und gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an ein zu demselben Bundesand gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückverwiesen.

Facebook-Eintrag des Richters führt vielleicht zu milderer Strafe

Besonders brisant: Am Ende des Beschlusses weist der BGH für die neue Hauptverhandlung darauf hin, „dass das neue Tatgericht  gegebenenfalls  bei  der  Bestimmung  der  Rechtsfolgen  auch  den weiteren Zeitablauf in den Blick zu nehmen haben wird.“ Der BGH hatte nämlich das Urteil des Landgerichts Rostock schon einmal aufgehoben (BGH, Beschluss vom 26.11.2013 – 3 StR 217/13).

Im Klartext: Der vielleicht spaßig gemeinte Facebook-Eintrag führt zur Verlängerung des Verfahrens, was sich zu Gunsten der Angeklagten auf die Höhe der Strafe „positiv“ auswirkt.

Fazit: Auch ein lustig gemeinter Facebook-Eintrag ist nicht nur Privatsache. Grundsätzlich drohen dem Richter persönlich neben der Blamage sogar dienstrechtliche Konsequenzen. Die BGH- Entscheidung zeigt, dass Facebook weder ein rechtsfreier Raum noch reine Privatsache s
Das gilt nicht nur für Richter, sondern auch für Angestellte, die mit einem Facebook-Eintrag durchaus ihren Arbeitsplatz gefährden können.

BGH- Beschluss vom 12.01.2016, Az.: 3 StR 482/15

Für rechtliche Fragen rund um das Internet und Facebook:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Leipzig

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