Während der Gründer und Vorstandsvorsitzende von Facebook, Mark Zuckerberg, vor wenigen Tagen im Axel-Springer-Haus in Berlin als Wegbereiter von grenzüberschreitender Kommunikation gefeiert wurde, wurde ein Beschluss des nur zwei Kilometer entfernten Landgerichts Berlins vom 11. Februar 2016 (Az. 16 O 551/10) bekannt, in welchem Facebook die rechtlichen Grenzen seiner Tätigkeit deutlich aufzeigt werden: Facebook muss 100.000 € Ordnungsgeld bezahlen, da es die Vorgaben eines Urteils vom Landgericht Berlin aus dem Jahre 2012 nicht ausreichend umgesetzt hat.
Verstoß von Facebook gegen Unterlassungs-Urteil des Landgerichts Berlin
Der Ordnungsmittel-Beschluss bezieht sich auf ein Urteil des Landgerichts Berlins vom 6. März 2012 (Az. 16 O 551/10). In dem damaligen Verfahren wurde Facebook von dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände unter anderem darauf verklagt, es zu unterlassen in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen eine so genannte „IP-Lizenz“ zu verwenden. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale hat Facebook in seinen daraufhin geänderten Nutzungsbedingungen gegen dieses Verbot verstoßen. In der Folge beantragte die Verbraucherzentrale die Verhängung des Ordnungsgeldes.
Was ist die „IP-Lizenz“ von Facebook?
Wer ein Foto macht oder ein Video dreht, ist dessen Urheber. Nach dem Urhebergesetz (UrhG) steht ihm in der Folge das alleinige Nutzungsrecht an dem Foto oder Video zu. Er kann aber auch einem anderen das Nutzungsrecht an dem Werk übertragen (§ 31 Abs. 1 UrhG).
Genau eine solche Übertragung der Nutzungsrechte an den auf Facebook hochgeladenen Inhalten stellt nun die so genannte „IP-Lizenz“ dar. Eine IP-Lizenz bedeutet, dass Facebook die Nutzungsrechte an allen Inhalten erhält, welche auf Facebook hochgeladen werden. Facebook dürfte zum Beispiel alle Fotos und Videos, die jemand auf seiner Facebook-Seite postet, für Werbezwecke verwenden.
Wörtlich hieß es in den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook: „Du gibst uns eine nichtexklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung aller IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhäng mit Facebook postest („IP-Lizenz“).“
Untersagung der Verwendung der Facebook IP-Lizenz
Das Landgericht Berlin untersagte Facebook 2012 die Vereinbarung einer solchen IP-Lizenz in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen. Hintergrund ist, dass zwar grundsätzlich die Nutzung an einem Inhalt auf einen anderen übertragen werden kann. Geschieht dies aber in allgemeinen Geschäftsbedingungen, darf die Vereinbarung nicht gegen den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Bestimmung verstoßen, von der durch die Vereinbarung abgewichen wird (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Eine solche Abweichung sah das Landgericht Berlin jedoch durch die IP-Lizenz gegeben und erklärte die Vereinbarung daher für unwirksam.
Facebook IP-Lizenz – Verstoß gegen gesetzliche Grundgedanken
Die Vorschrift im Urheberrecht, von der durch die Vereinbarung der IP-Lizenz abgewichen wurde, war § 31 Abs. 5 UrhG. Darin wird geregelt, auf welche Arten der Nutzung sich die Übertragung in der Regel beschränkt. Diese Regelung beruht nach Ansicht des Landgerichts Berlin auf dem Leitgedanken einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes und einer möglichst geringen Aufgabe seiner Nutzungsrechte. Fachbegriff dafür ist Zweckübertragungslehre – Nutzungsrechte werden immer nur in dem Umfang übertragen, wie der Zweck des Vertrages es erfordert. Das ist für Urheber günstig.
In der IP-Lizenz von Facebook würden aber alle Nutzungsrechte an den Inhalten übertragen, was dem Kern des Zweckübertragungsgedankens des § 31 Abs. 5 UrhG widerspreche, so das Landgericht Berlin.
Was genau ist ein „Ordnungsgeld“?
Das Landgericht Berlin hatte daher 2012 Facebook dazu verurteilt, es zu unterlassen die genannte IP-Lizenz zu verwenden. Wird eine Person jedoch auf Unterlassen verurteilt, stellt sich die Frage, wie man dieses Unterlassen durchsetzt? Denn anders als etwa bei der Verurteilung zur Zahlung von Geld, kann man nicht einfach in das Vermögen der Person vollstrecken. Deshalb wird bei einer Verurteilung zum Unterlassen der unterliegenden Partei – hier Facebook – für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld und Ordnungshaft angedroht. Facebook wurde daher in dem Urteil des Landgerichts Berlin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € und ersatzweise Ordnungshaft, welche an den Vorständen zu vollstrecken wäre, angedroht.
Warum muss Facebook das Ordnungsgeld zahlen?
Trotz der Verurteilung durch das Landgericht Berlin hatte Facebook seine allgemeinen Geschäftsbedingungen über die IP-Lizenz im Kern nicht geändert, sondern nur einzelne Begriffe ausgetauscht. Daher wurden laut Facebook-AGB weiterhin ein wesentlicher Teil an den Nutzungsrechten eingeräumt.
Wörtlich heißt es bei Facebook weiterhin (Stand: 1. März 2016): „Du gewährst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jedweder IP-Inhalte, die du auf bzw. im Zusammenhang mit Facebook postest (IP-Lizenz).“
In der Folge hat die Verbraucherzentrale das Ordnungsgeld beantragt, welches schließlich durch das Landgericht Berlin in Höhe von 100.000 € verhängt wurde. Diese Summe muss Facebook nun an die Staatskasse zahlen. Der Beschluss ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Fazit: Die Verhängung des Ordnungsgeldes zeigt deutlich, dass sich auch Unternehmen wie Facebook – wie jeder andere auch – an gegen sie ergangene Urteile halten müssen. Neben viel Lob und Würdigung seiner Tätigkeit dürfte Mark Zuckerberg auch diese Erkenntnis von seiner Berlinreise mit nach Hause genommen haben.
Landgericht Berlin, Beschluss vom 11. Februar 2016, Az. 16 O 551/10.
Für Fragen zum Urheberrecht und Rechtsfragen rund um Facebook:
Rechtsanwalt Alexander Grundmann, Leipzig – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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