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Die aktuellen Regelungen im E- Commerce beim Fernabsatz von Waren und Dienstleistungen

Regelungen über Online-Verträge

Verträge, die über das Internet angebahnt oder sogar komplett über das Internet abgewickelt werden, unterscheiden sich deutlich von „normalen“ Verträgen. Käufer und Verkäufer stehen sich nicht persönlich gegenüber und der Kunde kann die Ware auch nicht wie im Laden ansehen und prüfen.

Wegen dieser Besonderheiten sind diese Onlineverträge aus Sicht des Gesetzgebers besonders gefährlich. Daher gibt es auch besondere Vorschriften, die den Käufer, insbesondere wenn er als Verbraucher handelt, schützen sollen. Im Kern wird der Schutz des Käufers über zwei Instrumente sichergestellt:

Informationspflichten und Widerrufsrecht

Zum einen hat der Verkäufer gegenüber dem Käufer zahlreiche Informationspflichten, um dem Käufer eine vernünftige Entscheidung, ob er das Produkt kauft oder nicht, zu ermöglichen. Zum anderen hat der Kunde ein Widerrufsrecht. Der online geschlossene Vertrag kann somit nachträglich rückgängig gemacht werden.

Änderungen der Verbraucherrechte

Die schon bisher bestehenden besonderen Verbraucherschutz-Vorschriften sind durch die Verbraucherrechtsnovelle ab 13. Juni 2014 geändert worden. Hintergrund war, wie auch schon bei den bisherigen gesetzlichen Regelungen eine europäische Richtlinie, die 2011 erlassene Verbraucherrechte-Richtlinie.  Diese hat die europäische Haustürwiderrufsrichtlinie aus dem Jahr 1985 und die Fernabsatzrichtlinie aus 1997 abgelöst.

Ziel der neuen europäischen Regelung war die europaweite Angleichung von Verbraucherrechten. In allen Mitgliedsstaaten der EU sollen die gleichen Regeln dazu gelten (rechtlich: „Vollharmonisierung“). Vorher hatte die EU nur im Rahmen einer „Mindestharmonisierung“ Mindeststandards vorgegeben. Die Mitgliedsstaaten konnten ein höheres Schutzniveau festlegen, was zu einer Rechtszersplitterung in der EU geführt hat. Durch die in Europa überall gleichen – recht strengen – Regelungen soll der Verbraucherschutz erhöht, aber auch der grenzüberschreitende Handel in der EU gefördert werden, da Unternehmen überall das gleiche Recht vorfinden sollen.

Die E-Commerce Regelungen im deutschen Recht

Rechtstechnisch wurden die europäischen Vorschriften so umgesetzt, dass die schon bestehenden Regelungen im BGB und im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) geändert wurden. Die Alternative wäre ein eigenes Verbrauchergesetzbuch gewesen. Die wesentlichsten Regelungen finden sich in den §§ 312 ff. und den §§ 355 BGB sowie in den Artikeln 246 ff. EGBGB.

Unterschiedliche Verbraucherverträge

Nicht alle der neuen Verbraucherregelungen betreffen Online-Verträge. Um die eher komplizierten Regelungen im Gesetz aber verstehen zu können und zu wissen, welche der Vorschriften auf Online-Verträge anwendbar sind, muss man die verschiedenen Vertragstypen unterscheiden. Das Gesetz regelt verschiedene Vertragstypen, für die dann teilweise die gleichen, teilweise aber auch spezielle Vorschriften gelten.

Die meisten Vorschriften zum E-Commerce gelten nur für Verbraucherverträge (§ 312 BGB), die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben und nicht von vornherein unter die Ausnahmen fallen.

Verbraucherverträge sind Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Wer Verbraucher ist, steht im ebenfalls geänderten § 13 BGB. Verbraucher ist danach „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“ Ob man als Verbraucher handelt, ist somit in jedem Einzelfall abhängig vom Zweck, für den man den Vertrag abschließt. Unternehmer ist gemäß § 14
 BGB „eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“ Maßgeblich ist, ob eine dauerhafte Gewinnerzielungsabsicht besteht.

Beispiel: Der Betreiber eines Onlineshops ist nach dieser Definition ein Unternehmer. Aber auch ein privat angemeldeter eBay-Verkäufer, der nicht nur einzelne Stücke privat verkauft, kann rechtlich ein Unternehmer sein.

Für eine „entgeltliche“ Leistung wird es nicht darauf ankommen, dass vom Verbraucher Geld bezahlt wird, da die europäische Verbraucherrechtrichtlinie eine Beschränkung auf „entgeltliche“ Leistungen des Unternehmers gar nicht enthält und auch die deutsche Regelung immer europarechtskonform ausgelegt werden muss.

Auf zahlreiche Verbraucherverträge sind schon per Gesetz nicht die Vorschriften anwendbar. Die Ausnahmen in § 312 Abs. 2 betreffen beispielsweise Grundstücksgeschäfte, Personenbeförderungsverträge, bestimmte Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln und Getränken.

Die besonderen Vertragstypen

Die im Gesetz geregelten besonderen Verbraucherverträge sind die „Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“ (kurz: Außergeschäftsraumverträge oder Direktvertriebsverträge) und die Fernabsatzverträge.

Die Außergeschäftsraumverträge umfassen insbesondere die Haustürgeschäfte, aber darüber hinaus auch gemäß § 312 b I BGB alle anderen Verträge, bei denen Unternehmer und Verbraucher beide am gleichen Ort sind, wenn aber außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers entweder

  • (1) der Vertrag geschlossen wird oder
  • (2) der Verbraucher sein Vertragsangebot abgibt oder
  • (3) der Verbraucher unmittelbar vor Vertragsschluss individuell angesprochen wurde.

Damit ist dieser Vertragstyp viel weiter als das bisher schon geregelte „Haustürgeschäft“, betrifft aber in aller Regel Onlineverträge nicht.

Die Onlineverträge sind rechtlich „Fernabsatzverträge“ gemäß § 312 c BGB. Beim Fernabsatzvertrag wird der Vertrag ausschließlich über „Fernkommunikationsmittel“ geschlossen. Laut Definition in § 312 c Abs. 2 BGB sind Fernkommunikationsmittel solche Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder Abschluss eines Vertrages eingesetzt werden, ohne dass die Vertragsparteien körperlich anwesend sind. Das Gesetzt nennt als Beispiele: Brief, Katalog, Telefonat, „Telekopie“, E-Mails und SMS.

Schwierig wird die Einordnung eines Vertrages, wenn der Verbraucher mit einem Unternehmer, der seine Produkte sowohl im stationären Laden, als auch im Internet anbietet, sowohl im Laden, als auch im Internet verhandelt. Wird der Vertrag über den Onlineshop geschlossen, bleibt das ein Fernabsatzvertrag, auch wenn sich der Verbraucher vorher im Geschäft schon informiert hat. Wenn aber alle Vertragsdetails schon im Laden verhandelt wurden und der Vertrag nur formal über das Internet geschlossen wird, ist das kein Fernabsatzvertrag mehr.

Weitere Voraussetzung für einen Fernabsatzvertrag ist, dass der Vertrag in einem für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystem des Unternehmers erfolgen muss. Sinn der Regelung ist es, einen Unternehmer, der seine Produkte nur ausnahmsweise über Fernkommunikationsmittel verkauft, nicht mit den strengen Informationspflichten zu belasten.

Beispiel: Ein örtlicher Fernsehfachhändler ohne Onlineshop, der ausnahmsweise einen Kunden auch nach dessen telefonischer Bestellungen beliefert, schließt zwar einen Vertrag über das Fernkommunikationsmittel Telefon, aber eben nicht in einem dafür organisierten Vertriebssystem.

Ein Onlinevertrag über einen Onlineshop ist hingegen klar ein Fernabsatzvertrag.

Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr

Die Pflichten für den Betreiber eines Onlineshops, die sich aus den Vorschriften über den Fernabsatzvertrag ergeben, werden noch erweitert durch die Regelungen zum elektronischen Geschäftsverkehr. Ein Onlinevertrag ist auch ein „Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr“. Das ist gemäß § 312 i BGB ein Vertrag, bei denen der Unternehmer seine Produkte über Telemedien vertreibt.

Da ein „Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr“ sowohl mit einem Verbraucher als auch einem Unternehmer geschlossen werden kann, ist dieser Vertragstyp kein „Verbrauchervertrag“. Die Pflichten, die der Unternehmer bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr hat, gelten – anders als bei den oben beschriebenen Verbraucherverträgen auch bei Geschäften mit anderen Unternehmern.

Wird ein „Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr“ mit einem Verbraucher geschlossen, gelten gemäß § 312 j BGB aber nochmal strengere Regeln als beim Vertrag zwischen Unternehmern. Das bedeutet, ein Onlinevertrag mit einem Verbraucher ist gleichzeitig Fernabsatzvertrag und „Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr“. Dann müssen die Regelungen für beide Vertragstypen beachtet werden.

Im zweiten Teil des Artikels werden die besonderen Pflichten des Unternehmers vorgestellt.

 

Rechtstipps und Urteile

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