Der BGH hat entschieden, dass wer in Pornofilmen auftritt, Presseartikel darüber in Kauf nehmen muss und sich nicht auf den Schutz seiner Intimsphäre berufen kann. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird durch solche Artikel nicht verletzt.
Ehemaliger Schauspieler will Berichterstattung in Zeitschrift verhindern
Ein ehemaliger Schauspieler, gelernter Bildhauer, wirkte insgesamt in acht Pornofilmen mit. Auf einem Cover dieser Filme ist er auch abgebildet. Zwar ist er in allen Filmen nur kurz zu sehen, sein Gesicht ist jedoch immer gut zu erkennen. Namentlich wird er in den Filmen aber nicht genannt.
Bei der Verleihung des deutschen Filmpreises 2007 wurde er offiziell als der neue Lebensgefährte der bekannten Schauspielerin Katja Riemann vorgestellt. Daraufhin veröffentlichte ein Verlag in seiner Zeitschrift „Auf einen Blick“ einen Artikel mit der Enthüllung über die Pornovergangenheit des Bildhauers. Unter voller Namensnennung steht dort über den Bildhauer geschrieben:
„Und Fernsehstar …? Was mag sie gefühlt haben, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund … noch vor wenigen Monaten als Pornodarsteller brillierte – ohne Kondom natürlich. Kann es nach einem solchen Vertrauensbruch eine andere Lösung als Trennung geben?“
Der Bildhauer sah sich durch diesen Artikel in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er ging mit einer Abmahnung gegen den Verlag vor. Nachdem der Verlag jedoch keine Unterlassungserklärung abgegeben hatte verklagte der Bildhauer den Verlag. Der Verlag wurde vom Landgericht Berlin dazu verurteilt, die Verbreitung und Veröffentlichung der beanstandeten Passage zu unterlassen. Zusätzlich bekam der Bildhauer die entstandenen Anwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 889,40 € erstattet. Das Kammergericht Berlin als Berufungsgericht sah in dem Presseartikel auch eine Persönlichkeitsverletzung.
Das wollte der jedoch Verlag nicht akzeptieren und ging daher zum BGH.
Keine Verletzung der Privat- und Intimsphäre durch Pressebericht
Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidungen der Berliner Gerichte auf. Der Bildhauer hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung und Veröffentlichung der Behauptungen. Der Bundesgerichtshof musste sich mit dem Schutz aus dem Bereich der Privat- und Intimsphäre auseinandersetzen.
Sexualität gehört nicht pauschal zur Intimsphäre
Die höchstpersönliche und private Lebensgestaltung (Intimsphäre) ist laut Grundgesetzt unantastbar. Die Frage war daher, ob Sexualität automatisch immer dazugehört. Der Bundesgerichtshof hat hier klargestellt, dass der Bereich der Sexualität nicht zwangsläufig zum Bereich der Intimsphäre gehören muss.
Deshalb entfällt der Schutz der Intimsphäre hier. Auf den ersten Blick überrascht das zwar, der Bundesgerichtshof hat aber gute Argumente. Der Bildhauer hat sich im Rahmen seiner Pornodarstellung bewusst einem öffentlichen Publikum ausgesetzt. Indem er sein Gesicht zeigte, gab er diesen Bereich der Sexualität der Öffentlichkeit freiwillig preis.
Auch sind solche Filme gerade für die Öffentlichkeit bestimmt. Darsteller können sich daher nicht auf ihr Recht auf Intimsphäre berufen. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt hier das Interesse des Bildhauers am Schutz seiner Persönlichkeit.
Privatsphäre ebenfalls nicht betroffen
Laut Bundesgerichtshof ist hier der Schutzbereich der Privatsphäre ebenfalls nicht betroffen. Die Privatsphäre schützt Lebensbereiche, die typischerweise als „privat“ eingestuft werden, weil das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird.
Der Bundesgerichtshof hat hier die gleichen Argumente wie schon zur Intimsphäre. Der Bildhauer hat durch das Mitwirken in den Pornofilmen bewusst die gewöhnlich als privat geltenden Angelegenheiten der Öffentlichkeit preisgegeben. Der Bildhauer kann sich nicht auf den Schutz seiner Privatsphäre berufen.
Fazit: Normalerweise ist natürlich gerade im Bereich der Sexualität die Privat- und Intimsphäre betroffen. Eine Berichterstattung über das intime Sexualleben einer Privatperson stellt daher im Regelfall immer eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Aber gerade im allgemeinen Persönlichkeitsrecht gilt: Keine Regel ohne Ausnahme. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Konkret bedeutet das hier: Die Sexualität ist nur dann als Privat- oder Intimsphäre geschützt, wenn man seine Sexualität nicht selbst in der Öffentlichkeit trägt und diese somit öffentlich zur Schau stellt.
relevante Gesezte für das Persönlichkeitsrecht: §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG
Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. Oktober 2011 – Aktenzeichen VI ZR 332/09
Vorinstanzen:
Landgericht Berlin, Entscheidung vom 22. Februar 2009 – 27 O 936/08
Kammergericht Berlin, Entscheidung vom 24. September 2009 – 10 U 20/09
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