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7. Oktober 2017 – Soziale Netzwerke: Facebook-Nutzer können für geteilte Beiträge haften

In sozialen Netzwerken können Nutzer mit der „Teilen“-Funktion fremde Beiträge oder sogar ganze Facebook-Seiten auf ihrer eigenen Profilseite präsentieren. In einem vom OLG Dresden im Februar 2017 entschiedenen Fall war die Frage, wann ein Nutzer, der einen fremden Beitrag teilt, sich diesen dadurch automatisch zu eigen macht und deshalb auch für rechtswidrige Inhalte des geteilten Beitrags haftet.

Facebook-Seite eines Schriftstellers von anderem Nutzer „geteilt“

Ein Facebook-Nutzer hatte die Profilseite eines Schriftstellers geteilt und mit dem Kommentar „zu lesenswert, um sie zu unterschlagen“ versehen. Auf dieser Seite befand sich ein Beitrag, in welchem der Schriftsteller die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Hitler verglich und behauptete, dass zwischen ihnen eine „geistige Wahlverwandtschaft“ bestünde.

Ein Journalist unterstellte daraufhin dem Facebook-Nutzer, dass er auf Facebook die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Hitler verglichen habe. Der Facebook-Nutzer wehrte sich gegen diese Anschuldigungen und klagte vor dem Landgericht Dresden gegen den Verlag des Journalisten. Der Facebook-Nutzer gewann und erwirkte eine einstweilige Verfügung, gegen die der Verlag dann aber vor dem OLG Dresden in Berufung ging.

Wie auch schon in der Vorinstanz stellte sich die Frage, wann sich ein Nutzer einen geteilten Beitrag „zu eigen“ macht und deshalb für geteilte rechtswidrige Inhalte haftet. Anders als das Landgericht Dresden, das davon ausging, dass der Nutzer sich den Beitrag nicht „zu eigen“ machte, sondern ihm lediglich eine „besondere Bedeutung“ beimaß, nahm das OLG Dresden eine Zueignung an und begründete damit ebenfalls eine Haftung des Nutzers für den geteilten Beitrag.

Wann macht sich ein Nutzer einen geteilten Beitrag „zu eigen“?

In sozialen Netzwerken wird das „Teilen“ (engl. „Sharing“) als Verbreiten fremder Beiträge und Inhalte verstanden und dient in erster Linie als Hinweis auf private Beiträge anderer Nutzer. Eine höhere Bedeutung als die bloße Verbreitung fremder Beiträge kommt dem „Teilen“ nicht zu (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.11.2015, Az.: 16 U 64/15). Wann sich jedoch ein Nutzer einen geteilten fremden Beitrag „zu eigen“ macht und deshalb selbst für geteilte rechtswidrige Inhalte haftet, hat nun das OLG Dresden entschieden.

Ein Nutzer macht sich demnach einen geteilten Beitrag „zu eigen“, wenn die fremde Äußerung so wirkt, als sei es die Eigene. Das ist immer dann der Fall, wenn der Teilende zeigt, dass er sich mit den geteilten Inhalten identifiziert. Eine solche Stellungnahme zu bestimmten Beiträgen können die Nutzer entweder durch den „Gefällt mir“-Button ausdrücken oder indem sie einen Beitrag teilen und dabei positiv kommentieren.

Bewertung aus Sicht des durchschnittlichen Facebook-Nutzers

Bei der Frage, ob der Facebook-Nutzer sich mit dem geteilten Beitrag identifiziert, kam es insbesondere darauf an, ob die befreundeten Nutzer dies so auffassen durften. Allgemein führte das OLG Dresden aus, dass es für den durchschnittlichen Leser solcher Beiträge geläufig sei, dass Meinungen auf sozialen Netzwerken nicht ausschließlich durch eigene Artikel, sondern zum überwiegenden Teil durch das Teilen, Liken und Verlinken fremder Inhalte verbreitet werden. Für eine Identifikation mit einem geteilten Beitrag würde eine bloße Leseempfehlung bereits genügen.

Fazit: Beim Teilen fremder Beiträge auf Facebook ist Vorsicht geboten, insbesondere wenn die geteilten Inhalte rechtlich bedenklich sind. Teilt man auf seiner Seite ohne weiteren Kommentar einen fremden Beitrag, ist dies wohl rechtlich unbedenklich. Erst, wenn dieser Beitrag mit einem „Gefällt mir“ oder einem (positiven) Kommentar verbunden wird, kann man davon sprechen, dass ein Nutzer sich einen fremden Beitrag „zu eigen“ macht und deshalb ebenfalls für diesen haften muss. Der Beitrag wird dann nicht mehr als fremde, sondern als eigene Stellungnahme verstanden.

Instanzen:

LG Dresden, Urteil vom 02.09.2016, Az.: 3 O 1637/16

OLG Dresden, Urteil vom 07.02.2017, Az.: 4 U 1419/16

Ihr Ansprechpartner :

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in Leipzig

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte Leipzig

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