Rechtsblog

27. Dezember 2016 – Strafrechtliche Konsequenzen von unzulässigen Meinungsäußerungen und Aussagen

Internet und soziale Netzwerke bieten heute jedem die Möglichkeit, schnell und weitreichend seine Meinung über alles und jeden zu äußern. Das ist grundsätzlich von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz gedeckt, findet aber seine Grenzen nicht nur im Zivilrecht, sondern auch in den Straftatbeständen der Paragraphen 185 ff. Strafgesetzbuch (StGB). Über diese Strafvorschriften zu Beleidigung und Co. soll im folgenden ein kurzer Überblick gegeben werden.

Beleidigung nach § 185 StGB

Nach § 185 StGB wird die Beleidigung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Unter einer Beleidigung versteht man dabei den Angriff auf die Ehre einer Person durch Kundgabe von Missachtung.

Dieser sehr allgemein formulierte Tatbestand umfasst dabei zwei verschiedene Konstellationen. Zum einen wird darunter die ehrverletzende Tatsachenbehauptung im 2-Personen-Verhältnis gefasst, also wenn diese gegenüber dem Betroffenen selbst geäußert werden.

Tatsachen meint dabei alles, was bewiesen werden kann, also alles bei dem man nachprüfen kann, ob es wahr oder falsch ist.

Beispiel: Ich werfe jemandem vor, dass er in seiner Doktorarbeit betrogen hat. Hier lässt sich nachprüfen, ob das stimmt. Ist die Doktorarbeit in Ordnung, dann ist die Aussage falsch und ehrverletzend. Ich habe mich nach § 185 strafbar gemacht.

Zum anderen umfasst § 185 StGB alle ehrverletzenden Werturteile, egal ob ich sie gegenüber dem Betroffenen selbst, oder gegenüber einem Dritten äußere.

Hintergrund: Werturteil meint im Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen alles, was eben gerade nicht bewiesen werden kann, also Meinungen oder persönliche Ansichten.

Bei der Frage, ob eine Meinungsäußerung beleidigend ist, muss man dann die Abgrenzung zwischen erlaubter Meinungsfreiheit und verbotener Schmähkritik vornehmen. Schmähkritik meint eine Äußerung, bei der die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, z.B. beleidigende Äußerungen ohne jeden sachlichen Anlass.

Beispiel: Ich bezeichne jemand als "Spitzel, geisteskrank, schwachsinnig", dann ist das keine zulässige Meinungsäußerung mehr, sondern eine Beleidigung, LG Berlin Urteil vom 21.06.2011, Az.: 27 O 335/11.

Steht jedoch ein kritischer Umgang mit der anderen Person im Vordergrund, dann ist das erlaubt, selbst wenn die Kritik überzogen ist.

Rechtfertigungsgrund § 193 StGB: Wahrnehmung berechtigter Interessen

Für § 185 StGB kommt jedoch insbesondere der Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interesse nach § 193 StGB in Betracht. Eine Beleidigung ist also im Einzelfall in Ordnung, wenn ich damit eine berechtigtes Interesse verfolgt habe. Das kann beispielsweise eine Beleidigung sein, welche im Rahmen eines künstlerisch-satirischen Vortrages stattfand, oder die zur Verteidigung von Rechten vorgenommen wurde.

Beispiel: Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit kann ein Rechtfertigungsgrund insbesondere für Journalisten sein.

§ 186  Üble Nachrede und § 187 Verleumdung

Im Gegensatz zu § 185 stellen die Paragraphen 186 und 187 StGB nur die ehrverletzenden Tatsachenäußerung im Drei-Personen-Verhältnis unter Strafe.

Die beiden Paragraphen unterscheiden sich dadurch, dass die Unwahrheit der Tatsache bei § 186 eine objektive Strafbarkeitsbedingung und bei § 187 Tatbestandsvoraussetzung ist.

Der Unterschied hierbei ist Folgender: Bei § 186 muss ich weder wissen noch wollen, dass es falsch ist, noch muss die Unwahrheit tatsächlich bewiesen werden. Ich habe mich der Üblen Nachrede bereits schuldig gemacht, wenn ich über jemand anderes eine ehrverletzende Tatsache behauptet oder verbreitet habe und nicht nachgewiesen werden kann, dass diese wahr ist. Üble Nachrede ist also, wenn nicht nachweisbar wahre Tatsachen einfach mal so „ins Blaue“ behauptet werden.

Für § 187 muss die Tatsache allerdings nachweislich falsch sein und ich muss dies auch gewusst haben.

Beispiel: Während man im oben genannten Beispiel für § 187 StGB wissen muss, dass mit der Doktorarbeit eigentlich rechtmäßig zustande gekommen ist, reicht es für § 186 aus, dass sich nicht aufklären lässt, ob wirklich betrogen wurde.

In beiden Fällen muss man die Tatsache behaupten oder verbreiten. Während behaupten meint, dass man etwas aus eigener Überzeugung sagt, reicht es für das Verbreiten aus, dass ich nur die Aussagen eines anderen wiedergebe.

Beleidigung mit wahren Tatsachen, § 192 StGB

Wahre Tatsachen stellen zwar grundsätzlich kein Problem für den Äußernden dar. § 192 StGB regelt aber, dass man sich im Einzelfall auch durch das Äußern wahrer Tatsachen strafbar machen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Beleidigung aus der Form der Behauptung, der Verbreitung oder aus ihren Umständen hervorgeht.

Beispiel: Ein Hauswirt mahnt einen Mieter mit - tatsächlich bestehenden - Zahlungsrückstand am schwarzen Brett des Hauses an.

Ein weiterer Fall waren wahrscheinlich die „schwarzen Männer“, die echten Schuldnern auf der Straße hinterhergelaufen sind und dabei erzählten, dass sie wegen der Schulden da sind, um sie so durch sozialen Druck zum Zahlen zu bringen.

Keine Bestrafung ohne Strafantrag!

Die Beleidigungsdelikte sind (mit einigen wenigen Ausnahmen) gemäß § 194 StGB absolute Antragsdelikte. Das bedeutet, dass sie nur verfolgt werden können, wenn der Betroffene einen Strafantrag gestellt hat. Dies muss gemäß § 77 b Abs. 1 StGB grundsätzlich innerhalb von 3 Monaten geschehen, nachdem der Betroffene von der Tat Kenntnis erlangt hat.

Im Gegensatz zu relativen Antragsdelikten ist es hier nicht möglich, dass die Staatsanwaltschaft die Taten aufgrund des öffentlichen Interesses, ohne den erforderlichen Strafantrag verfolgt.

 

Fazit: Das Äußern von Meinungen und Tatsachen kann auch strafbar sein. Die Grenze zwischen erlaubter Meinungsäußerung und strafrechtlich relevanten Äußerungen ist fließend. Deshalb ist immer Fingerspitzengefühl und ein gesunder Menschenverstand gefragt, bevor man sich über andere Personen äußert.

 

Wir beraten Sie rund um das Thema Meinungsäußerungsrecht

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M. in Leipzig

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

 

Rechtstipps und Urteile

↑ Zurück zum Seitenanfang