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07.09.2015 – Gute Neuigkeiten für Ärzte: GEMA- Pflicht für Hintergrundmusik in Arztpraxen entfallen

Noch bis zum März 2012 mussten Zahnärzte, die in ihrer Praxis das Radio im Hintergrund spielen ließen, Beiträge an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) zahlen. Dieser Rechtslage hat sich mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) geändert und wurde nun auch vom Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Urteil Az. I ZR 14/14 vom 18.06.2015 bestätigt.

GEMA verlangte für Radio als Hintergrundmusik Lizenzgebühren

Die GEMA ist eine sogenannte Verwertungsgesellschaft. Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumten Rechte zur Nutzung der durch die Künstler geschaffenen Werke wahr. Das heißt sie macht die Ansprüche auf eine angemessene Vergütung für die Nutzung der urheberrechtlich geschützten Werke geltend. So ist nicht jeder Künstler darauf angewiesen, seine Ansprüche selbst zu verfolgen. Die GEMA verfolgt ihr von den Künstlern übertragene Rechte und Ansprüche.

Des Weiteren verfolgt sie ebenfalls die ihr durch die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) und die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) übertragenen Rechte und Ansprüche von Urhebern. Dabei wird ihr von der VG Wort zumeist die Verfolgung von Rechten und Ansprüchen im Zusammenhang mit Sprachwerken übertragen. Die GVL überträgt der GEMA hingegen beispielsweise die Verfolgung von Rechten und Ansprüchen von ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern.

In dieser Rolle hat die GEMA u.a. auch von Ärzten Lizenzgebühren für das Abspielen von Radioprogrammen in den Arztpraxen verlangt, weil damit urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich wiedergegeben wurden.  Nach deutschem Urheberrecht war diese Praxis bisher legal.

Die aktuellen Neuerungen in der Rechtsprechung zum Radio als Hintergrundmusik

Mit dem aktuellen Urteil des BGH wurde die Rechtslage grundlegend geändert.

Im zu entscheidenden Fall ging es um einen Zahnarzt, der in seiner Praxis das Radio in allen Zimmern hörbar im Hintergrund laufen ließ. Er hatte 2003 mit der GEMA einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag geschlossen, durch welchen ihm das Recht zur Wiedergabe von Hörfunksendungen in seiner Praxis gegen Zahlung einer Vergütung eingeräumt wurde.

Kündigung des Lizenzvertrages mit der GEMA

Am 17. Dezember 2012 kündigte der Arzt diesen Lizenzvertrag fristlos. Grund dafür war das am 15. März 2012 ergangene Urteil des EuGH, in welchem festgestellt wurde, dass Hintergrundmusik in einer Arztpraxis keine öffentliche Wiedergabe darstellt und somit nicht mehr vergütungspflichtig ist.

Das setzte ein deutscher Zahnarzt um und kündigte seinen Vertrag mit der GEMA und stellte die Zahlungen ein. Die GEMA verklagte daraufhin den Mediziner. Die Kündigung des Vertrages wurde durch alle Instanzen der Rechtsprechung bestätigt, da, so auch der BGH, „die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union […] entfallen ist.“ Das bedeutet: Die Kündigung des Lizenzvertrages mit der GEMA ist auf Grundlage des EuGH-Urteil zulässig.

Was hatte der EuGH in seinem Urteil denn gesagt?

Der EuGH stellt in seinem Urteil fest, dass eine öffentliche Wiedergabe nach den einschlägigen EU-Richtlinien nur dann vorliegt, wenn „die Wiedergabe gegenüber einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfolgt“.

(Zum Nachlesen: Es ging um Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Artikel 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums)

Große Teile des Urheberrechts beruhen auf europäischen Richtlinien. Durch die zentrale Regelung der Vorschriften in europäischen Richtlinien soll sichergestellt werden, dass in allen EU- Ländern die gleichen Regelungen gelten. Dies ist der Hintergrund warum auch der entschiedene Fall auf einem EuGH-Urteil beruht. Der BGH ist an die Rechtsprechung des EuGH gebunden und hat daher bestätigt, dass der Zahnarzt nicht mehr verpflichtet ist eine Vergütung an die GEMA zu zahlen, um Radio in seiner Praxis laufen zu lassen.

Im Kern ging es um die Frage, wann eine öffentliche Wiedergabe vorliegt. Nur dann muss eine extra Lizenzgebühr bezahlt werden.

Im Fall des Zahnarztes wurde entschieden, dass durch das in den meisten Arztpraxen vorhandene Bestellsystem immer eine überschaubare Anzahl von Personen in der Praxis anwesend sind. Es handelt sich daher bei den anwesenden Patienten in der Praxis nicht um eine unbestimmte Zahl an potentiellen Adressaten und damit nicht um „Öffentlichkeit“.

Die durch den EuGH aufgestellten Voraussetzungen von „Öffentlichkeit“werden durch die Wiedergabe von Rundfunk in einer Arztpraxis nicht erfüllt.

Fazit und Tipp für Ärzte: Falls Sie mit der GEMA einen Lizenzvertrag geschlossen haben, besteht für Sie weiterhin die Pflicht zur Zahlung, weil: „Vertrag ist Vertrag“ Ein Lizenzvertrag ist nach der neuen Rechtsprechung allerdings nicht mehr notwendig. Die sofortige Kündigung des Vertrages aufgrund der Änderung der Geschäftsgrundlage ist möglich und zu empfehlen.

 

Lassen Sie sich von uns im Urheberrecht beraten. Wir helfen Ihnen gern bei Lizenzverträgen und bei der Kommunikation mit der GEMA.

Alexander Grundmann, Leipzig
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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