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Urteil zu Youtube-Video und Recht am eigenen Bild

Landgericht Essen: Keine Veröffentlichung von Unfallvideos im Internet, wenn das Unfallopfer erkennbar ist

Unfallvideo im Internet

Ein Autofahrer erlitt einen schweren Unfall, als er von der Straße abkam und gegen einen Baum fuhr. Während der anschließenden Rettungsaktion musste der bewusstlose Fahrer von der Feuerwehr aus seinem stark beschädigten PKW herausgeschnitten und mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden. Dieses Szenario wurde von einer Schaulustigen gefilmt. Das achteinhalbminütige Video lud sie anschließend auf YouTube und auf ihrer privaten Homepage hoch.

Auf dem Video sind einzelne Körperteile des verletzten Autofahrers, Teile seiner Kleidung, das zerstörte Auto mit erkennbarem Label einer in Deutschland seltenen Automarke sowie dessen Nummernschild deutlich lesbar zu sehen. Außerdem ist in der Videobeschreibung das Alter des Autofahrers angegeben.

Als der Autofahrer durch einen Bekannten von dem hochgeladenen Video erfuhr, verlangte er von der Schaulustigen Löschung des Videos von Internetplattform und Homepage , Unterlassung späterer Veröffentlichungen und die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung.

Da die Unterlassungserklärung nicht unterschrieben wurde, beantragte das Unfallopfer eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Essen.

Der Autofahrer ist auf dem Video erkennbar

Das Gericht stellte einen Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild des Autofahrers fest.  Obwohl eine Gesamtaufnahme des verletzten Autofahrers nicht zu sehen ist, ist er aufgrund der erkennbaren Körperteile, der Automarke und des Nummernschilds für einen weiten Bekanntenkreis erkennbar.

Das Recht am eigenen Bild ist in § 22 Kunsturhebergesetz geregelt. Nach dieser Vorschrift dürfen Bildnisse von Personen nur mit deren Einwilligung veröffentlicht werden. Es ist dann ein Bildnis gem. § 22 Kunsturhebergesetz, wenn man die Person erkennen kann. Erkennen kann man eine Person schon durch Teilabbildungen und Einzelinformationen, wie im konkreten Fall Aufnahmen von Schuhen, Unterschenkel, Arm, Haaransatz, Armbanduhr, PKW mit Nummernschild und die Angabe des Alters.

Öffentliches Interesse an einer Berichterstattung?

Nach der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Kunsturhebergesetz dürfen Aufnahmen von Personen ohne deren Einwilligung veröffentlicht werden, wenn die Öffentlichkeit ein Interesse an der Bildberichterstattung über ein Ereignis hat, mit dem die Person in Verbindung steht.

Das heißt nicht, dass die Veröffentlichung einer Aufnahme von einem Menschen dann pauschal erlaubt ist. Das öffentliche Interesse an der Bildberichterstattung muss in jedem einzelnen Fall gegen das Interesse des Betroffenen am Erhalt seiner Privatsphäre abgewogen werden.

Das Gericht bejahte eine regionale Bedeutung des Autounfalls und deshalb auch ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung. Es stellte aber auch fest, dass nach § 23 Abs. 2 Kunsturhebergesetz das Interesse des verletzten Autofahrers daran, in einer solch hilflosen Lage unerkannt zu bleiben, in diesem Fall das Interesse der Öffentlichkeit an einer Bildberichterstattung überwiegt.

Fazit: Mit diesem Urteil bestätigt das Landgericht Essen, dass es für das Bildnis einer Person gem. § 22 Kunsturhebergesetz ausreicht, wenn ein Mensch durch die Teilabbildungen und Einzelinformationen erkennbar ist. Bei schwer verletzten Unfallopfern überwiegt dann das Persönlichkeitsrecht das Interesse der Öffentlichkeit an einer Bildberichterstattung. Das sagt auch schon der gesunde Menschenverstand.

Landgericht Essen, Urteil vom 10.07.2014, Aktenzeichen 4 O 157/14

§§ 22, 23 KunstUrhG, Art 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art 1  Abs. 1 GG, Art. 5 GG, § 823 I BGB i. V. m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog

 

 

 

 

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