Rechtsblog

06.07.2015: Bundesgerichtshof: Kein Auskunftsanspruch eines Arztes gegen Bewertungsportal „Sanego“

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit Ärztebewertungsportalen zu befassen. Es ging diesmal aber nicht um die Löschung von unwahren anonymen Bewertungen, wie in einigen anderen Fällen (siehe Rechtsblog: OLG Frankfurt 2012, OLG München 2014, Bundesgerichtshof 23.09.2014). Stattdessen verlangte der von einer negativen Bewertung betroffene Arzt vom Portalbetreiber Auskunft über den Verfasser der Bewertung.

Wiederholte anonyme Bewertung – unwahre Tatsachenbehauptungen

Ein Nutzer des Bewertungsportals „Sanego“ hatte 2011 behauptet, dass der Arzt Patientenakten in den Behandlungsräumen in Wäschekörben gelagert habe, und die Patienten drei Stunden warten müssten. Im Juni 2012 wurden weitere Tatsachenbehauptungen dieser Art veröffentlicht. Die Behauptungen stellten sich als unwahr heraus. Die vom Arzt verlangte Löschung dieser Kommentare wurde daraufhin vom Betreiber des Bewertungsportals vorgenommen.

Am 4. Juli 2012 erschien jedoch wieder eine Bewertung des Arztes mit demselben Inhalt auf dem Bewertungsportal „Sanego“. Der Arzt verlangte nun Auskunft über die Identität des anonymen Nutzers vom Portalbetreiber.

Kein Auskunftsanspruch gegen Bewertungsportal

Der Bundesgerichtshof bemerkte zunächst, dass § 13 Abs. 6 Telemediengesetz die anonyme Nutzung von Telemedien grundsätzlich erlaubt. Darunter fallen auch Internetdienste, wie Bewertungsportale.
Die Richter stellten fest, dass nach § 12 Abs. 2 Telemediengesetz ein Auskunftsanspruch gegen den Portalbetreiber nicht besteht. Danach darf der Diensteanbieter (hier der Portalbetreiber) für die Bereitstellung des Portals erhobene personenbezogene Daten nicht für weitere Zwecke verwenden, sie also nicht an Dritte herausgeben, es sei denn der Nutzer erlaubt die weitere Verwendung seiner Daten. In diesem Fall lag keine Erlaubnis des anonymen Nutzers vor, seine Daten herauszugeben.

Unterlassungsanspruch, Löschung der Bewertung

Dem Arzt verbleibt die Möglichkeit vom Portalbetreiber die Unterlassung der bereits mehrfach veröffentlichten Bewertung zu verlangen und so erneut die Löschung der unwahren Tatsachenbehauptung zu erreichen.

Auskunft durch Strafanzeige

Um doch an die Identität des Nutzers zu gelangen, könnte der Arzt aber noch Strafanzeige wegen übler Nachrede oder Verleumdung stellen. Gegenüber Strafverfolgungsbehörden dürfen die Daten des tatverdächtigen Nutzers vom Portalbetreiber herausgegeben werden. Ein Rechtsanwalt kann dann Akteneinsicht beantragen und so im Endeffekt an die begehrte Auskunft gelangen.

Fazit:
Der Bundesgerichtshof stärkt durch das Urteil die Anonymität bei Bewertungen im Internet. Er hält das Persönlichkeitsrecht eines Arztes im Falle von unwahren Tatsachenbehauptungen eines Nutzers durch Löschungs- und Unterlassungsansprüche gegen die Portalbetreiber für ausreichend geschützt. Will der Arzt dennoch an die Identität des Nutzers gelangen ist das nur über eine Strafanzeige möglich. Doch nicht jede unwahre Tatsachenbehauptung ist zugleich strafbar, sodass es in einigen Fällen für den betroffenen Arzt keinen Weg gibt an die gewünschten Informationen zu gelangen.

Sollten Sie Auskunfts- oder Löschungsansprüche gegen Bewertungsportale anstreben, beraten wir sie gern.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.07.2014 – Az.: VI ZR 345/13

Rechtsanwalt Alexander Grundmann
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Leipzig

Rechtstipps und Urteile

↑ Zurück zum Seitenanfang