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10. Februar 2017 – Wettbewerbsrecht: Bier darf nicht „bekömmlich“ sein

Bei der Werbung für Lebensmittel gibt es immer wieder Streit um anpreisende Begriffe.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass Bier nicht als „bekömmlich“ beworben werden darf. So darf nun eine Brauerei, die deswegen auch verklagt wurde, ihre drei Biersorten nicht mehr unter dem Begriff „bekömmlich“ vermarkten.

Verbot an Brauerei, Bier als „bekömmlich“ zu vermarkten

Im Jahr 2015 bewarb eine Brauerei drei ihrer Biersorten mit Sätzen wie „Bekömmlich, süffig – aber nicht schwer“ und „feinwürzig und herzhaft im Geschmack, erfrischend bekömmlich für den großen und kleinen Durst“.

Der Verband sozialer Wettbewerb aus Berlin, dessen Aufgabe u.a. die Durchsetzung des lauteren Wettbewerbs für seine Mitglieder ist, war der Ansicht, dass eine solche Vermarktung nicht erlaubt sein kann.

Der Verband ist der Ansicht, dass eine derartige Werbung gegen § 3a UWG in Verbindung mit den Vorschriften der Health-Claims-Verordnung verstößt und mahnte ab.

Hintergrund:"Health-Claims"-Verordnung im Wettbewerbsrecht:  Health-Claims-Verordnung ist die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Zielsetzung der Health-Claims-Verordnung ist der Verbraucherschutz. Verbraucher in Europa  sollen vor irreführenden, wissenschaftlich nicht belegten Angaben bzw. irreführender Werbung zu besonderen gesundheitsfördernden und/oder krankheitsverhindernden Eigenschaften von Lebensmitteln geschützt werden. Dabei sind Werbeaussagen für Lebensmittel nur betroffen, wenn sie nähr- oder gesundheitsbezogene Angaben enthalten.

Nach dieser Verordnung dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von über 1,2 % keine gesundheitsbezogenen Angaben enthalten.

Die abgemahnte Brauerei hält den Begriff bekömmlich jedoch nicht für eine gesundheitsbezogene Angabe. Vielmehr soll hierdurch auf den geschmacklichen Aspekt der Biersorte aufmerksam gemacht werden.

Der Verband verklagte die Brauerei vor Gericht und forderte die Unterlassung der Werbung.

Das Landgericht Ravensburg gab der Unterlassungsklage statt. Als Begründung gab es an, dass der Durchschnittsverbraucher die Bezeichnung eines Lebensmittels als „bekömmlich“ so verstehen würde, dass es dem Konsumenten „gut bekomme“. Das Oberlandesgericht Stuttgart teilte diese Ansicht:

„Bekömmlich“ wird mit „gesund“ gleichgesetzt

Das Oberlandesgericht Stuttgart stützte sich vor allem auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union. In dieser Entscheidung wurde nicht die Bezeichnung „bekömmlich“ verwendet (es ging um Wein). Allerdings war die Aussage des Urteils, dass Angaben zu alkoholischen Getränken frei von jeder Mehrdeutigkeit sein müssen. So soll jegliche Irreführung über das Produkt ausgeschlossen werden.

Laut Wörterbuch ist „bekömmlich“ gleichzusetzen mit „gesund“, „zuträglich“ und „leicht verdaulich“. Derlei Angaben auf einem Produkt sind also für den Konsumenten irreführend, wenn sie mit einem alkoholischen Getränk in Verbindung gebracht werden.

Revision beim Bundesgerichtshof

Die Revision wurde ausdrücklich zugelassen, weil in Rechtsprechung und Literatur reger Streit herrscht über die rechtliche Einordnung solcher Angabe.

Die Brauerei versucht nun möglicherweise beim Bundesgerichtshof die geforderte Unterlassung aus der Welt zu räumen.

Der Bundesgerichtshof wird daher vielleicht über die Frage, ob Bier als „bekömmlich beworben werden darf, entscheiden müssen.

 

§ 3a UWG

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 3. November 2016 – Az. 2 U 37/16

 

Vorinstanz:

Landgericht Ravensburg, Urteil vom 16. Februar 2016 – Az. 8 O 51/15 KfH

 

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