Rechtsblog

27. Januar 2017 – Fotos und Videos als Beweismittel zum Schutz des Grundstücks vor Besuchern?

Viele Grundstückseigentümer fragen sich, ob sie Fotos oder Videos von ihrem Grundstück machen dürfen. Diese Frage stellt sich z.B. im Streit zwischen Nachbarn von Grundstücken.

Eine anderes Problem für Grundstückseigentümer können ungebetene und unerwünschte Besucher sein.

Beispiel: Es gibt Streit zwischen Nachbarn.  Obwohl der Hauseigentümer zwei Anwohnern verboten hat, sich auf seinem Grundstück aufzuhalten, wurde dieses Verbot missachtet. Das Grundstück wird weiterhin betreten.  Zudem gibt es Sachbeschädigungen auf dem Grundstück durch die Eindringlinge. Der Grundstückseigentümer möchte deshalb vor Gericht eine Unterlassungsverfügung gegen die unbefugten Eindringlinge erwirken.

Um vor Gericht nachweisen zu können,  dass sein Grundstück tatsächlich betreten wurde,   wer es betreten hat, und wann es betreten wurde (all das bräuchte er für eine erfolgreiche Klage bei Gericht), möchte der Grundstückseigentümer Fotos von den Eindringlingen anfertigen.

Aber auch zur Abwehr von Einbrechern und Dieben bietet sich eine Videoüberwachung regelrecht an.

Eine Einwilligung oder Erlaubnis der auf Video oder Foto festgehaltenen, hat man als Grundstückseigentümer natürlich nicht. Die Foto- oder Videoaufnahmen entstehen darüber hinaus häufig, ohne das der Aufgenommene das weiß.

Aber wegen des strengen Schutzes der Persönlichkeitsrechte anderer, des Rechts am eigenen Bild und des strengen Datenschutzes ist fraglich, wann eine Videoüberwachung des eigenen Grundstücks oder Fotos zu Beweiszwecken erlaubt sind.

Persönlichkeitsrecht, Recht am eigenen Bild und Datenschutz?

Das Anfertigen von Foto- bzw. Videoaufnahmen kann einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Kunsturhebergesetz und das Bundesdatenschutzgesetz (ab 2018 EU- Datenschutzgrundverordnung, die dann direkt auch in den EU-Ländern gilt) darstellen.

Allgemeines Persönlichkeitsrecht in der Foto/Videoüberwachung

Bild-Aufnahmen von Menschen ohne deren Einwilligung können einen Eingriff in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs 1 i.V.m. Art. 1 Abs 1 GG) darstellen. Dieses umfasst auch das Recht am eigenen Bild. Dazu gehört auch die Möglichkeit sich in der Öffentlichkeit und Privatsphäre frei bewegen zu können. Dabei soll man nicht befürchten müssen, ohne Kenntnis oder Zustimmung aufgenommen zu werden.

Kein Recht auf Unbeobachtetheit auf fremdem Grundstück

Während das allgemeine Persönlichkeitsrecht einem die Möglichkeit gibt, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne dabei befürchten zu müssen, ohne Kenntnis oder Zustimmung aufgenommen zu werden, gilt dies nicht für den Aufenthalt auf fremden Grundstücken.

Denn das Bewegen in der Öffentlichkeit stellt eine Ausprägung der vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Sozialsphäre dar. Bei fremden Grundstücken, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind, handelt es sich aber gerade nicht mehr um einen Bereich der Sozialsphäre, also einen Bereich, zu dem der Betroffene allgemeinen Zugang hat und in dem er sich bewusst nach außen präsentiert. Vielmehr ist ihm klar, dass er hier eigentlich kein Zutrittsrecht hat.

Wird er hier aufgenommen, trifft ihn das also nicht in dem Teil seines Lebens, in welchem er sich als Teil der Gesellschaft zeigt und verletzt ihn damit auch nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Heimliche Fotos und Videos bei schweren Straftaten erlaubt

Das heimliche Herstellen von Fotos und Videos – außerhalb des eigenen geschützten Grundstücks – stellt immer einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht  dar.

Dieser Eingriff kann im Einzelfall gerechtfertigt sein, nämlich dann, wenn aufgrund einer Güterabwägung das „schutzwürdige Beweisführungsinteresse“  höher einzuordnen ist (BAG, Urteil vom 27.03.2003 Az.: 2 AZR 51/02 = schwere Straftaten zu Lasten des Überwachers, bei denen die Videoüberwachung das einzig verbliebene Mittel zur Aufklärung war – siehe unten Ziff. 2 Thema Beweisverwertung).

Ob die Aufnahmen gerechtfertigt sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab: Was tut der Eindringling auf dem Grundstück? Betritt er es nur, oder begeht er „schwerere“ Straftaten? Gibt es andere Möglichkeiten, Beweise gegen ihn zu sammeln, z.B. durch Zeugen.

Schutz nach Kunsturhebergesetz

Die Verbreitung einer Aufnahme anderer Personen (nicht das Fotografieren selbst) kann auch einen Verstoß gegen § 22 S. 1 Kunsturhebergesetz – Recht am eigenen Bild – sein.  Geschützt ist das Bildnis. Bildnis bedeutet, ein Mensch ist für andere erkennbar ist.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

Ob das Verwenden der Fotos im Gerichtsprozess ein „verbreiten“ darstellt, ist jedoch fraglich und von der Rechtsprechung bisher noch nicht einheitlich behandelt (wohl nein: AG Nürnberg Urteil vom 08.05.2015 Az.: 18 C 8938/14; wohl ja: AG München, Beschluss vom 13.08.2014 Az.: 345 C 5551/14 = beide Urteile in Bezug auf „Dashcams“).

Aber selbst wenn im Ergebnis angenommen wird, dass § 22 S. 1 Kunsturhebergesetz nicht verletzt ist, weil eine Verwendung im Prozess kein „Verbreiten“ ist, bleibt – zumindest sehen das so die Gerichte – trotzdem das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, gegen das im Grundsatz verstoßen wird.

Bundesdatenschutzgesetzes

Mit § 6b BDSG hat der Gesetzgeber geregelt, wann eine Überwachung öffentlich zugänglicher Räume rechtmäßig ist. Das BDSG findet aber keine Anwendung bei Aufnahmen auf Privatgebiet.

Datenschutz gilt nur für die private Videoüberwachung bzw. Fotos des öffentlichen Raums (EuGH, Urteil vom 11.12.2014, C-212/13). Problematisch ist aber, wenn z.B. über ein schwenkbare Kamera auch das Nachbargrundstück gefilmt werden kann (siehe unten).

Eine gesetzliche Regelung zur Rechtmäßigkeit von Aufnahmen auf dem eigenen oder angrenzenden Grundstück gibt es aber nicht.

Zwischenfazit: Datenschutz ist beim Filmen oder Fotografieren auf dem eigenen Grundstück nicht relevant und das Recht am eigenen Bild ist fraglich. Trotzdem gilt: Beim Fotografieren und Filmen auf dem eigenen Grundstück ist zumindest das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zu beachten.0

 

Ihr Ansprechpartner im Fotorecht und Persönlichkeitsrecht:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M. in Leipzig

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

 

Rechtstipps und Urteile

↑ Zurück zum Seitenanfang