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14. März 2017 – Bildrecht: Zoom-Kameras – Videoaufnahmen von Nachbar-Grundstücken erlaubt?

Überwachungskameras sind heutzutage so günstig, dass sie auch immer öfter auf Privatgrundstücken zu finden sind. Aber wie ist die rechtliche Lage, wenn in einem Nachbarschaftsstreit ein Nachbar den anderen mit Kameras teilweise überwacht? Mit dieser Frage hat sich das OLG Köln im September 2016 auseinandergesetzt.

Kameraüberwachung über das eigene Grundstück hinaus

Der Rechtsstreit betraf zwei benachbarte Grundstücke. Das nachbarschaftliche Verhältnis beider Parteien war eher angespannt, wobei man auch nicht von einem „eskalierenden Nachbarschaftsstreit“ sprechen konnte.

Nachdem auf einem der Grundstücke wiederholt Eigentum beschädigt wurde, installierte die Bewohnerin mehrere Kameras, die fortan den Innenhof, Hauseingang und auch einen Teil des öffentlichen Zugangsweges überwachten. Diese Kameras waren so angelegt, dass es nicht von außen sichtbar war, wenn der Aufnahmebereich oder die Winkeleinstellung verändert wurde.

Auf Bildern aus dem Jahr 2014, die dem Gericht ebenfalls vorlagen, war der Nachbar deutlich auf dem öffentlichen Gehweg und in seinem Wohnzimmer- und Terrassenbereich zu erkennen. Eine Überwachung des Nachbarn war hierdurch also bereits bewiesen.

Der Nachbar fühlte sich durch die Kameras überwacht und deshalb in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Nachdem er erfolglos die Nachbarin abmahnte und aufforderte die Kameras zu entfernen, erhob er Klage vor dem Landgericht Köln. Der Nachbar beantragte die teilweise Entfernung und Umstellung der Kameras, sodass er von den Aufnahmen nicht mehr erfasst wird. Anschließend sollten die Kameras so fixiert werden, dass der Nachbar zukünftig keine Überwachung mehr befürchten müsste. Ebenfalls verlangte er eine Geldentschädigung.

Eigentumsschutz: Wo fängt Überwachung an?

Wann man von Überwachung sprechen kann, hängt vom sog. „Überwachungsdruck“ ab. Dieser liegt dann vor, wenn die Person ernsthaft, anhand konkreter Hinweise befürchten muss, überwacht zu werden. Eine „eventuell mögliche“ Überwachung reicht dabei nicht aus.

Persönlichkeitsrecht stärker als Eigentumsschutz

Das Gericht empfand die Grundstücksüberwachung der Nachbarin als zu übertrieben, weil sie immerhin auch Teile des Nachbargrundstücks und den öffentlichen Gehweg überwachte. Deshalb gewährte es dem Nachbarn mit seinem Persönlichkeitsrecht Vorrang.

Auch wenn es auf dem Grundstück der Nachbarin in der Vergangenheit immer wieder zu Eigentumsbeschädigungen kam und sie deshalb ein berechtigtes Interesse daran haben sollte, dieses durch eine Überwachung zu schützen, ist es unverhältnismäßig, fremde Grundstücke oder Teile des öffentlichen Gehweges zu überwachen.

Kann der Nachbar eine Entfernung der Kameras verlangen?

Der Nachbar wurde also überwacht – aber was kann er zukünftig dagegen tun? Kann er die Kameras entfernen lassen?

Ist ein sog. „Überwachungsdruck“ nachgewiesen, begründet das einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch. Das bedeutet, dass der überwachte Nachbar das Ende der Überwachung verlangen kann.

Allerdings kann die Person, von der die Überwachung ausgeht, nicht gleich zur Entfernung der Kameras verurteilt werden. Ihr steht hier ein Wahlrecht zu: Eine Entfernung der Kameras kommt nur in Frage, wenn es keine Alternativen gibt, mit denen das Ziel erreicht werden kann. Denkbar wäre z.B. auch eine Umstellung und Fixierung der Kameras, damit diese nicht mehr das Nachbargrundstück erfassen. Wenn der Nachbar die Entfernung der Kameras anstrebt, muss er auch beweisen, dass es die einzige Lösungsmöglichkeit ist. So ein Beweis kann man zum Beispiel durch ein professionelles Sachverständigengutachten erbringen.

Im konkreten Fall gab es jedoch ein Problem: Es war von außen nicht sichtbar, wenn sich Aufnahmebereich oder Winkeleinstellung veränderten. Für den Nachbar war es nicht kontrollierbar, wenn die Kamera statt auf den Garten der Nachbarin plötzlich doch wieder auf seinen Garten gerichtet war. Er könnte sich also nie sicher sein, ob er nicht doch überwacht wird.

Deshalb war hier die Entfernung der Kameras die einzige Möglichkeit, um weitere Überwachungen zu unterbinden. Die Kameras im Außenbereich müssen sowieso entfernt werden: Private Kameras, die einen öffentlichen Bereich wie einen Gehweg filmen sind unzulässig, weil das gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstößt.

Kein Beseitigungsanspruch aus dem Kunsturhebergesetz

Weil es sich um Aufnahmen von einem anderen Menschen handelte, stellte sich außerdem die Frage danach, ob man auch nach Gesetzen des Kunsturhebergesetzes (KUG) die Entfernung der Kameras verlangen könnte. Dieses schützt das „Recht am eigenem Bilde“ und soll verhindern, dass z.B. Fotos von Personen ohne dessen Einwilligung verbreitet werden.

Diese Frage stellte sich in der Vergangenheit bereits öfters und wurde nie klar beantwortet. Das OLG Köln entschied nun jedoch, dass das KUG hier keine Anwendung findet. Die Begründung: Es geht gerade nicht um das Verbreiten oder öffentliche Zurschaustellen, sondern nur um die reine Bildaufnahme von anderen Personen.

Überwachung mit illegaler Kamera: Geldentschädigung?

Es stellt sich zuletzt auch die Frage, ob neben der Entfernung auch eine Geldentschädigung verlangt werden kann. Das wäre aber nur dann denkbar, wenn es sich um einen besonders schwerwiegenden Fall handelt, der auf andere Weise nicht hinreichend ausgeglichen werden kann. Das Gericht bewertet das immer am Einzelfall, weshalb pauschal Beispiele schwierig zu finden sind. Man kann aber sagen, dass man bei einer „einfachen Überwachung“ keine Geldentschädigung erwarten kann.

Fazit: Bei einer Videoüberwachung durch Ihren Nachbarn können Sie im Rahmen eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch die Entfernung der Kameras nur verlangen, wenn es keine alternativen Lösungsmöglichkeiten gibt. Dass Sie befürchten müssen überwacht zu werden und die Entfernung der Kameras der einzige Weg ist, müssen allerdings Sie beweisen. Eine zusätzliche Geldentschädigung steht Ihnen nur in besonders schweren Fällen zu.

Lesen Sie auch unseren Übersichtsartikel zum Thema Videoüberwachung von Grundstücken.

 

OLG Köln, Urteil vom 22.09.2016, Az.: 18 O 69/15

Vorinstanz:

LG Köln, Urteil vom 06.01.2016, Az.: 18 O 69/15

LG Köln, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.01.2017, Az.: 18 O 69/15

 

Ihr Ansprechpartner für Fotorecht, Bildrecht und Persönlichkeitsrecht:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.

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