Nach dem viel beachteten Urteil des EuGH zur Haftung für Hyperlinks hat nun das Landgericht Hamburg als erstes deutsches Gericht bestätigt, dass auch das bloße Verlinken einer Website mit urheberrechtswidrigen Inhalten selbst eine Urheberrechtsverletzung darstellt.
Der EuGH hatte zuvor mit Urteil vom 08.09.2016 (Az.: C – 160/15) entschieden, dass bereits das Setzen eines Hyperlinks eine Urheberrechtsverletzung sein kann. Mehr dazu lesen Sie hier.
Ufos über dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
Dem Beschluss des Landgerichts Hamburg lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf einer Website (einer am Streit gar nicht Beteiligten) wurde ein Foto des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig veröffentlicht, ohne dass der Rechteinhaber zugestimmt hatte. Zwar war das Foto vom Urheber unter einer Creative Commons Lizenz (CC-Lizenz) veröffentlicht worden. Allerdings wurde das Foto unerlaubt umgestaltet, indem man mehrere Ufos in den Himmel über das Bundesverwaltungsgericht montierte. Diese Umgestaltung war nicht von der Lizenz abgedeckt.
Hintergrund: Mit Creative Commons Lizenzen kann der Urheber eines Werkes auf einfache Weise der Öffentlichkeit Nutzungsrechte an seinem Werk einräumen. Was man dann genau mit dem Werk machen darf und was nicht, richtet sich nach der jeweiligen Lizenz. Sollen Fotos unter CC- Lizenz verwendet werden, muss man genau ansehen, ob das - die konkrete Verwendung - von der Lizenz gedeckt ist, manchmal sind auch die Lizenzbedingungen zu verlinken. Risiko ist sonst die Abmahnung.
Der Antragsgegner im Verfahren hatte dieses Foto selbst gar nicht auf seiner Website veröffentlicht, allerdings war dort ein Hyperlink zu finden, welcher zu dem bearbeiteten Foto auf der anderen Website führte.
Deshalb ging der Fotograf gegen den Verlinker – nach Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung – im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor.
Urheberrechtsverletzung durch Hyperlink auf fremde Website
Das Landgericht Hamburg kam zu dem Ergebnis, dass durch das Setzen des Hyperlinks eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde.
Nach Ansicht des Gerichts ist die Verlinkung auf das unrechtmäßig bearbeitete Foto eine öffentliche Zugänglichmachung dieser Urheberrechtsverletzung nach § 19a Urheberrechtsgesetz (UrhG) .
Diese Urheberrechtsverletzung hätte der Verlinker auch erkennen müssen. Der EuGH hatte in seinem Urteil vom 08.09.2016 entschieden, dass von einem Homepagebetreiber mit Gewinnerzielungsabsicht erwartet werden kann, die von ihm verlinkten Seiten auf Urheberrechtsverstöße zu überprüfen. Verlinkt er auf eine Homepage mit rechtsverletzendem Inhalt, wird also vermutet, dass er die Rechtsverletzung auch kannte.
Gewinnerzielung nicht durch konkreten Link, sondern durch gesamte Website
Was genau unter einer Gewinnerzielungsabsicht zu verstehen ist, hatte der EuGH noch offen gelassen. Das Landgericht definierte diesen Begriff jetzt näher und kam zu einem – vielleicht – überraschenden Ergebnis:
Das Landgericht argumentierte, dass man zur Bestimmung der Gewinnerzielungsabsicht nicht nur auf den konkrete Link, sondern auf die Website als Ganzes abstellen muss. Im konkreten Fall hatte der Artikel mit dem verlinkten Foto zwar keinen Bezug zu einer möglichen Gewinnerzielung. Da auf der Website jedoch auch im Eigenverlag vertriebenes Lehrmaterial angeboten wurde, bejahte das Landgericht Hamburg die Gewinnerzielungsabsicht.
Allerdings muss man wissen, dass diese Gewinnerzielungsabsicht noch nicht automatisch zu einer Haftung, sondern nur zu einer Beweislastumkehr führt. Der Verlinker hatte also noch die Möglichkeit, zu erklären, wieso er die Rechtsverletzung auf der verlinkten Seite nicht erkennen konnte. Dazu wurde von ihm aber erstaunlicherweise überhaupt nichts vorgetragen. Dem Gericht blieb nichts anderes übrig, als davon auszugehen, dass Antragsgegner die Rechtswidrigkeit kannte.
Entscheidung des Landgerichts Hamburg wird kritisch bewertet
Selbst die Kanzlei Spirit Legal aus Leipzig, welche die Ansprüche des Rechteinhabers geltend machte, sieht negative Auswirkungen auf Informations- und Kommunikationsfreiheit von dieser Entscheidung ausgehen.
(Quelle: https://www.spiritlegal.com/de/aktuelles/details/landgericht-hamburg-bestaetigt-als-erstes-deutsches-gericht-wer-einen-link-auf-eine-seite-mit-geklauten-bildern-setzt-haftet-weg – ohne Verlinkung- Sie wissen jetzt warum, auch wenn die Kollegen das sicher im Griff haben).
Die Entscheidung darf aber nicht überbewertet werden. Der Antragsgegner verteidigte sich nicht sonderlich gut und war wohl auch nicht anwaltlich vertreten. Bereits ein ordentlicher Vortrag dazu, wieso er nicht erkennen konnte, dass das Foto gegen Urheberrechte verstieß, hätte das Gericht vielleicht zu einem anderen Ergebnis führen können.
Auch wurde die Entscheidung vom Unterlegenen akzeptiert und keine Rechtsmittel dagegen eingelegt. So bleibt offen, ob auch höhere Gerichte die Entscheidung des Landgerichts bestätigen.
Fazit: Keine Aussagen zum konkreten Umfang von Prüfungspflichten: Schließlich bleibt nach wie vor unklar, welche Nachprüfungspflichten von einem Websitebetreiber gefordert werden. Muss er intensiv recherchieren, ob der von ihm gesetzte Link zu einer rechtsverletzenden Homepage führt, oder reicht es aus, dass beim ersten Eindruck keine Rechtsverletzungen erkennbar sind?
Eine interessante Idee hatte das Portal heise.de. Es konfrontierte das Landgericht Hamburg in kreativer Weise mit seinem eigenen Urteil. Das Landgericht wurde angeschrieben mit der Bitte
„schriftlich und verbindlich zu bestätigen, dass sämtliche der im Rahmen Ihrer Webpräsenz verwendeten urheberrechtlich geschützten Inhalte in keiner Form und an keiner Stelle gegen die Vorgaben des Urheberrechts oder verwandter Gesetze verstoßen“
um so auch weiterhin auf die Homepage des Landgerichts verlinken zu können, ohne rechtliche Konsequenzen zu befürchten. So wurde versucht, im Bezug auf Prüfungspflichten den Spieß einfach umzudrehen. Das Landgericht hielt sich aber bedeckt und wollte keine rechtsverbindliche Antwort geben.
Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte die Nachprüfungspflicht bewerten und ausgestalten. Zukünftige Urteile werden hier sicherlich Klarheit schaffen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
LG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2016, Az.: 310 O 402/16
update:
Das Landgericht Hamburg hat seine Rechtsprechung zugunsten des Inhaber einer Internetseite zur Linkhaftung geändert. Für die Haftung des Inhabers einer Internetseite für ein verlinktes rechtswidriges Foto auf einer anderen Seite kommt es auf „Zumutbarkeit“ an.
Der – mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde – Seiteninhaber, der einen Link setzt, kann sich jetzt darauf berufen , dass die Linksetzung im Rahmen eines solchen Geschäftsmodells erfolgte, in welchem ihm Nachforschungen, die zur Kenntnis von der Unrechtsmäßigkeit der verlinkten Inhalte geführt hätten, nicht zumutbar waren.
Das Landgericht Hamburg stellt vorsichtshalber klar: Sofern man aus dem Beschluss vom 18.11.2016 – 310 O 402/16 einen strengeren Haftungsmaßstab rausgelesen haben sollte – wie wohl die meisten – hält das Gericht an dieser Auffassung ausdrücklich nicht mehr fest.
LG Hamburg, Urteil vom 13.06.2017, 310 O 117/17 – Es ging um das Foto von einem Hund, dass im Wege des Framing auf der Seite eingebunden war.
http://www.rechtsprechung-hamburg.de/jportal/portal/page/bsharprod.psml?showdoccase=1&doc.id=JURE170038041&st=ent
Relevant in diesem Zusammenhang ist auch das BGH-Urteil vom 21.09.2017, I ZR 11/16 Vorschaubilder III: Es ist eine eigenständige öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 UrhG, wenn von einer Suchmaschine im Internet gefundene Fotos ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers im Internet eingestellt waren und der Anbieter der Suchfunktion das Fehlen der Erlaubnis des Rechtsinhabers kannte oder hätte kennen müssen. Laut BGH besteht aber – anders als beim EUGH – keine Vermutung für Kenntnis der fehlenden Erlaubnis, nur weil der Anbieter der Suchfunktion mit Gewinnerzielungsabsicht handelt.
Ihr Ansprechpartner für Onlinerecht und Medienrecht
Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.
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