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27. 10. 2014 – Recht auf Meinungsäußerung, Tatsachen und Persönlichkeitsrecht

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist durch die Verfassung geschützt.  Allerdings hat  dieses Recht auch Grenzen. Eine rechtliche Grenze ist das Persönlichkeitsrecht desjenigen, der von der Äußerung betroffen ist.

Tatsachen und Meinungsäußerungen

Für die rechtliche Bewertung und damit auf die Zulässigkeit einer Äußerung kommt es im Wesentlichen auf die Einordnung der Äußerung entweder als Tatsachenbehauptung oder als Meinung an.

Tatsachen (= Fakten) sind Ereignisse oder Vorgänge, die wahrnehmbar und zumindest theoretisch auch beweisbar sind. Tatsachen können wahr oder unwahr sein.

Meinungen sind Werturteile und Äußerungen persönlicher Überzeugung. Als subjektive Ansichten sind sie weder beweisbar, noch können sie wahr oder unwahr sein.

Beispiel: Tatsache ist: „Der Tag hat 24 Stunden“. Meinung ist: „Der Tag ist viel zu kurz.“

Die Abgrenzung zwischen Tatsache und Meinung ist aber im konkreten Einzelfall oft schwierig und auch nicht eindeutig. Im Streitverfahren bleibt häufig eine Unsicherheit, wie ein Gericht die Äußerung einordnet.

Es kommt aber immer auch auf die konkrete Formulierung an: Sagt man beispielweise: Manchmal meine ich, der Tag hat nur 10 Stunden“ dann ist das nur eine persönliche Meinung und keine Tatsachen- Aussage über die Länge des Tages.

Neben der konkreten Formulierung kommt es auch auf den Zusammenhang der Äußerung und an und darauf, wie ein Durchschnittsempfänger/-leser die Äußerung versteht.

Der Unterschied zwischen Tatsache und Meinung ist wichtig, weil man eine – auch ziemlich abwegige – Meinungsäußerung im Normalfall nicht angreifen kann. Eine Meinung muss eben nicht objektiv die Tatsachen wiedergeben.

Tatsachen

Behauptete Tatsachen müssen richtig sein

Wird etwas als Tatsache behauptet, hat dies ein größeres Gewicht, als wenn jemand nur seine Meinung äußert. Tatsachen müssen daher wahr sein. Unwahre Tatsachenbehauptungen können eine Ehrverletzung sein.  Bei unwahren Tatsachenbehauptungen genießt der Persönlichkeitsschutz uneingeschränkten Vorrang, ohne dass es auf eine Interessenabwägung zwischen der Äußerungsfreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung ankommt.

Tipp: Sachaussagen, die Sie nicht beweisen können, sollten in Form von Meinungen geäußert werden.  Ich denke, dass… Ich meine, dass…. Meines Erachtens…

Laienprivileg bei Tatsachen

Interessant ist das so genannte  “Laienprivileg”: Wird eine Tatsache in gutem Glauben und unter klarer Bezugnahme auf seriöse Medien, die journalistisch sorgfältig ihre Artikel recherchieren, verbreitet, haftet man auch nicht, wenn die Tatsache sich später als falsch herausstellt.

Das “Laienprivileg” ergibt sich nicht aus einem Gesetz, sondern wurde 1991 vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG 1 BvR 1555/88) begründet und ist in der Praxis umstritten.

Wahre Tatsachen als Rechtsverletzung?

Im Ausnahmefall ist auch die Äußerung wahrer Tatsachen verboten. Denn auch wahre Tatsachen können in besonderem Kontext eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sein. Solche Äußerungen werden auch Formalbeleidigung genannt, weil es um die konkrete Form der Äußerung geht und nur die konkreten Umstände die Rechtsverletzung begründen.

Verboten ist danach – vereinfacht gesagt – die Verbreitung geheimer Umstände aus dem Privatleben oder dem Intimbereich eines Menschen, wie sexuelle Vorlieben oder Krankheiten. Verboten ist es auch,  ohne Grund wahre – aber nicht für die Öffentlichkeit gedachte – Tatsachen aus dem Privatleben im beruflichen Umfeld über jemanden zu äußern.

Meinungsäußerung

Die Meinungsäußerung ist frei. Einschränkungen gelten nur, wenn damit besonders stark in das Persönlichkeitsrecht eines anderen Menschen eingegriffen wird.

Schmähkritik und Beleidigung

Ausnahmsweise kann auch eine Meinungsäußerung verboten sein. Wenn die Grenze zur Schmähung oder Beleidigung überschritten ist, kann eine Meinung eine verbotene Ehrverletzung sein.

Beleidigung verboten

Der Straftatbestand Beleidigung schützt die Ehre von Menschen. Beleidigend ist es, wenn man  einem Menschen gegenüber seine Missachtung ausdrückt. Wann nur eine Unhöflichkeit vorliegt und wann eine Beleidigung, ist wie immer eine Frage des Einzelfalles.

Tendenziell sind Vulgärbegriffe, Belegung mit Tiernamen, Einordung als Nazi, Gauleiter etc. nicht nur schlechter Stil, sondern auch eine Beleidigung.

Rückausnahme, also keine Beleidigung im Rechtsinne, sind sog. Kollektivbeleidigungen, wenn sich eine Äußerung an eine unbestimmte Gruppe von Personen richtet.

Das umstrittene Tucholsky- Zitat „Soldaten sind Mörder“ ist beispielsweise dann keine Beleidigung, wenn es an niemanden konkret gerichtet ist, weder an einen einzelnen Soldaten, noch an die Bundeswehr.

Schmähkritik

Auch die so genannte Schmähkritik ist nicht von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Eine Meinungsäußerung ist dann eine Schmähkritik,  wenn es nur um die Diffamierung  und Ehrverletzung eines anderen geht.

Fazit: Verboten sind vereinfacht gesagt die Äußerung unwahrer Tatsachenbehauptungen, wahrer Behauptungen im falschen Kontext und Schmähungen und Beleidigungen.

Rechtsfolgen von unerlaubten Äußerungen

Bei unzulässigen Äußerungen kann sich der Betroffene sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich wehren.

Zivilrechtlich kann insbesondere eine Abmahnung mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgesprochen werden und – wenn keine Unterlassungserklärung  abgegeben wird – auch vor Gericht geklagt werden.

Strafrechtlich kann es – abhängig von der konkreten Äußerung – zur einer Verurteilung zu Geldstrafe oder Freiheitsstrafe wegen Beleidigung ( §185 StGB) übler Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) führen.

Gerne beraten wir Sie!  

Ihr Rechtsanwalt im Presserecht und Medienrecht in Leipzig:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.,

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

 

 

 

 

 

Rechtstipps und Urteile

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