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Amtsgericht Leipzig: Filesharing – Täterschaftsvermutung durch Computerlaien widerlegt

16. Februar 2015

Das Amtsgericht Leipzig entschied am 7.1.2015 einen weiteren Filesharing-Fall, diesmal zugunsten des Anschlussinhabers.

Filesharing eines Musikalbums über das Internet – Abmahnung mit Schadensersatzforderungen

Eine große Tonträgerfirma mahnte eine von ihr ermittelte Internetanschlussinhaberin wegen Urheberrechtsverletzung durch illegales Filesharing eines Musikalbums über eine Tauschbörse ab. Die Anschlussinhaberin gab die geforderte Unterlassungserklärung ab, zahlte aber keinen Schadenersatz. Die Rechteinhaberin forderte nun auf dem Klageweg vor dem Amtsgericht Leipzig 2.500 Euro Schadenersatz sowie 1379,80 € Rechtsanwaltskosten

Anschlussinhaberin besitzt keinen Computer – Nutzung des Internetanschlusses durch Kinder

Die Anschlussinhaberin gab an, gar keinen eigenen Computer zu besitzen und darüber hinaus über gar keine technischen Kenntnisse zu verfügen, um das Internet zu nutzen und Filesharing zu betreiben. Außer ihr lebte zum maßgeblichen Zeitpunkt ihr jüngster Sohn im Haushalt, der über einen eigenen Computer verfügte und das Internet nutzte. Außerdem hätten die drei weiteren Kinder beim Besuch ihrer Mutter auf den Internetanschluss zugreifen können.

Täterschaftsvermutung widerlegt – Keine Haftung als Täter der Urheberrechtsverletzung

Ist jemand Anschlussinhaber wird zunächst vermutet, dass er selbst Täter der Urheberrechtsverletzung ist. Diese Vermutung kann durch den Anschlussinhaber jedoch widerlegt werden – sogenannte sekundäre Darlegungslast.

Nach Ansicht des Amtsgerichts Leipzig hat die Anschlussinhaberin ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt und damit die Täterschaftsvermutung bezüglich der Urheberrechtsverletzung widerlegt.

Ein bloßer Vortrag der theoretischen Zugriffsmöglichkeit Dritter reicht dafür jedoch noch nicht aus. Erforderlich ist nach Auffassung des Gerichts ein konkreter Sachvortrag zum Tatzeitpunkt sowie zum allgemeinen Nutzungsverhalten der Haushaltsangehörigen. Den sah das Gericht hier erbracht, mit der Schlussfolgerung, dass die Anschlussinhaberin nicht als Täter in Betracht komme. Von mehreren Zeugen wurde auch glaubhaft bestätigt, dass die Anschlussinhaberin selbst weder Computer, noch Zugang zum Computer ihres Sohnes hatte und zudem technisch zum Filesharing nicht in der Lage ist. Die Täterschaftsvermutung war damit widerlegt.

Anschlussinhaberin muss nicht Tatbegehung durch Dritte aufdecken

Nach Ansicht des Amtsgericht Leipzig hat wieder die Rechteinhaberin weitere Beweise zur Täterschaft der Anschlussinhaberin zu erbringen. Das gelang ihr hier nicht.

Wer den Rechtsverstoß letztlich begangen hat, kann offen bleiben, da die Anschlussinhaberin nur darzulegen hat, dass sie selbst nicht als Täterin in Betracht kommt. Sie muss die tatsächliche Tatbegehung eines Dritten nicht aufdecken. Da auch eine Pflichtverletzung im Hinblick auf eine Überwachung des Internetanschlusses gegenüber dritten Personen nicht festgestellt werden konnte, scheidet auch die sogenannte Störerhaftung aus. Im Ergebnis muss die Anschlussinhaberin keinen Schadenersatz und auch keine Abmahnkosten zahlen.

Fazit: Das Urteil des Amtsgerichts Leipzig zeigt, dass es möglich ist, die Täterschaftsvermutung beim illegalen Filesharing durch konkrete Darlegung der Umstände zu erschüttern und so Schadenersatzansprüchen wegen Urheberrechtsverletzungen zu entgehen. Allerdings ist das Amtsgericht Leipzig hier bislang sehr streng und verlangt konkrete Nachforschungen (siehe die für abgemahnte Anschlussinhaber ungünstigen Urteile des Amtsgerichts Leipzig vom 26.11.2014 – Az.: 102 C 9793/13 und vom 12.1.2015 – Az.: 108 C 6193/14)

 

Urteil Amtsgericht Leipzig vom 07.01.2015, Az.:102 C 7201/13

 

 

Falls Sie eine Abmahnung erhalten haben, beraten wir Sie gern!

 

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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