Rechtsblog

Landgericht Leipzig: Filesharing – Anforderungen an Aussagen des Anschlussinhabers

Das Landgericht Leipzig hatte als Berufungsgericht über einen Filesharing-Fall beim Amtsgericht Leipzig zu entscheiden. Es handelt sich um einen Altfall mit einer Abmahnung vor der Urheberrechtsreform im Oktober 2013. Seitdem sind die Abmahnkosten gedeckelt. Relevant ist das Urteil vor allem wegen der Schadensersatzforderung, die nur den Täter einer Urheberrechtsverletzer trifft. Bei Tauschbörsen-Abmahnungen ist immer wieder die Kern-Frage, wie man als Anschlussinhaber die Täterschaftsvermutung widerlegen kann.

Klage nach Abmahnung wegen Filesharing von Musikalbum

Eine Tonträgerfirma verlangte als Rechteinhaberin wegen Urheberrechtsverletzung durch illegales Filesharing eines aktuellen Musikalbums einer bekannten deutschen Band vom Inhaber des ermittelten Internetanschlusses 2.500 Euro Schadenersatz und 1879,80 Euro Rechtsanwaltskosten. Diese Forderungen wurden durch Urteil des Amtsgerichts Leipzig in vollem Umfang zugesprochen.

Mehrere Familienmitglieder nutzten Internetanschluss

Der Anschlussinhaber legte aber Berufung ein. Er zweifelte darin die korrekte Ermittlung der IP-Adresse an und verwies auf eine hohe Fehlerquote bei der Ermittlung dynamischer IP-Adressen. Der Anschlussinhaber hatte seinen Internetanschluss per Passwort gesichert. Außerdem gab er an, dass zwei weitere erwachsene Familienmitglieder im Haushalt leben, die den Internetanschluss ebenfalls nutzen. Diese wurden von ihm allerdings nicht über Urheberrechtsverletzungen belehrt oder kontrolliert.

Da die anderen zwei Familienmitglieder für die Urheberrechtsverletzung in Betracht kämen, sei die Täterschaftsvermutung seiner Meinung nach widerlegt.

Überhöhte Abmahnkosten?

Die Abmahnkosten seien auch zu hoch, da das Album nach Auskunft der Rechteinhaberin nur 20 weiteren Nutzern zugänglich gemacht worden sei und nicht weltweit, sodass ein Streitwert von 50.000 € für die Berechnung der Abmahnkosten überhöht sei.

Langericht Leipzig: Geringerer Schadensersatz und Abmahnkosten

Der Anschlussinhaber hatte mit seiner Berufung nur teilweise Erfolg.

Das Landgericht Leipzig verurteilte den Anschlussinhaber zu 1.800 Euro Schadenersatz sowie 703,80 Euro Abmahnkosten.

Urheberrechtsverletzung durch Anschlussinhaber wird vermutet

Es besteht eine durch die Rechtsprechung anerkannte tatsächliche Vermutung dafür, dass die Urheberrechtsverletzung durch den Anschlussinhaber begangen wurde (Täterschaftsvermutung). Diese Vermutung kann, so auch das Landgericht Leipzig, durch den Anschlussinhaber widerlegt werden, wenn er eine ernsthafte Möglichkeit aufzeigt, dass ein Anderer den Internetzugang für illegales Filesharing genutzt hat (sekundäre Darlegungslast).

Täterschaftsvermutung nicht widerlegt – konkrete Beweise erforderlich

Nach Ansicht des Landgerichts Leipzig waren konkret keine Fehler in der IP-Adressen-Ermittlung erkennbar, ein pauschales Vorbringen über eine hohe Fehlerquote reicht nicht aus, um die Vermutungswirkung zu erschüttern. Es muss ein Fehler bezüglich des konkreten Falles durch den Anschlussinhaber nachgewiesen werden. Das ist hier nicht geschehen.

Das Landgericht Leipzig bestätigt zwar, dass den Anschlussinhaber zumindest keine anlasslosen Kontroll- und Prüfungspflichten gegenüber erwachsenen Mitbewohnern treffen. Die generelle Möglichkeit, dass zwei andere Familienmitglieder die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnten, entkräftet jedoch die Vermutung, dass der Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung selbst begangen hat,  nach Auffassung des Gerichts noch nicht. Die Art der Internetnutzung liegt in der Sphäre des Anschlussinhabers und ist dem Einblick der Rechteinhaberin entzogen. Deshalb müsse ein Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für eine Täterschaft eines anderen Haushaltsangehörigen vorbringen, um selbst auf der Haftung zu kommen.

Tauschbörse – Unkontrollierbare Verbreitung im Internet

Die vom Amtsgericht Leipzig zugesprochene Summe wird vom Landgericht Leipzig reduziert. Zur Berechnung des Schadenersatzes nimmt das Landgericht Leipzig einen Betrag von 150 Euro pro Titel an. Da das Album 12 Titel enthielt, errechnet sich ein Schadenersatzanspruch über 1800 Euro.

Laut Landgericht Leipzig spielt es keine Rolle, dass das Musikalbum vom Internetanschluss  unmittelbar nur an 20 Nutzer der Tauschbörse gelangt ist. Die Funktionalität des Internets ermöglicht eine weitere unkontrollierbare illegale Verbreitung. Da der Nutzer einer Tauschbörse keinen Einfluss auf die Anzahl der Zugriffe hat, kommt es bei der Berechnung des Streitwertes der Abmahnkosten auf die hohe potentielle Verbreitung an.

Das Gericht legt nach Schätzung einen Streitwert von 13.000 € für die Berechnung der Abmahnkosten zugrunde. Zu berücksichtigen war, dass der Anschlussinhaber keine gewerblichen Zwecke verfolgte. Es müssen damit Rechtsanwaltskosten „nur“ in Höhe von 703,80 Euro erstattet werden.

Fazit: Das Urteil zeigt, dass neben dem Amtsgericht auch das Landgericht Leipzig die Darlegung von möglichst konkreten Umständen fordert, um die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers beim Filesharing zu widerlegen. Damit ist die Leipziger Rechtsprechung für den Anschlussihnaber weiterhin strenger als bei vielen anderen Gerichten.

Urteil Landgericht Leipzig vom 5.6.2014, Aktenzeichen: 5 S 620/13

Falls Sie eine Abmahnung erhalten haben, beraten wir Sie !

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Rechtstipps und Urteile

↑ Zurück zum Seitenanfang