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10. Dezember 2017 – Bewertung anderer Autofahrer auf Internetportal ist verboten

Das Internet bietet heutzutage eine Vielzahl an Portalen, auf denen z.B. Dienstleister, Hotels und Ärzte bewertet werden können. In der Vergangenheit mussten sich Gerichte vor allem mit Ärztebewertungsportalen wie Sanego oder Jameda, aber auch mit Lehrerbewertungen bei Spickmich beschäftigen. Ein Portal für die Bewertung anderer Autofahrer wurde nun zum Gegenstand eines Rechtsstreits, der im Oktober 2017 vom OVG Münster – also einem Verwaltungsgericht, weil es hier um den Datenschutz geht – entschieden wurde.

Autofahrer im Internet öffentlich „angeprangert“

In dem vom OVG Münster entschiedenen Rechtsstreit ging es um das Online-Portal www.fahrerbewertung.de, bei dem Autofahrer anhand ihres Fahrverhaltens unter Angabe des Kfz-Kennzeichens bewertet werden können. Die Bewertung erfolgt durch ein Ampelschema: grün = positiv, gelb = neutral, rot = negativ. Laut der Portalbetreiberin sollen die öffentlichen Bewertungen die Selbstreflexion der Autofahrer anregen und so einen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten. Das Online-Portal ist dabei so ausgestaltet, dass sowohl die Bewertungen als auch die dazugehörigen Kfz-Kennzeichen von jedem ohne Registrierung eingesehen werden können.

Landesbeauftragte für Datenschutz hält Online-Portal für unzulässig

Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen sah in der öffentlichen Bewertung von Autofahrern einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Deshalb forderte sie das Online-Portal auf die Plattform so umzugestalten, dass nur noch die bewerteten Fahrzeughalter selbst die entsprechenden Bewertungen einsehen können und das auch nur nach vorheriger Registrierung. Die Betreiber der Online-Plattform erhoben daraufhin Klage gegen diese Auflage vor dem Verwaltungsgericht Köln.

Diese Klage wurde allerdings mit der Begründung abgewiesen, dass sich ein Fahrerbewertungsportal in dem Punkt wesentlich von anderen Bewertungsportalen für z.B. Ärzte oder Gastronomen unterscheidet, dass bei den Autofahrer kein beruflicher oder gewerblicher Anlass der Bewertung ihres Verhaltens bestünde. Die Tatsache, dass jeder dort Bewertungen eintragen kann und diese für die Öffentlichkeit uneingeschränkt einsehbar sind, würde das Risiko einer „Prangerwirkung“ bergen.

Informationelles Selbstbestimmungsrecht der Fahrzeughalter ist wichtiger

Die Betreiber des Online-Portals gingen nach der Abweisung ihrer Klage vor dem OVG Münster in Berufung, welche allerdings von gerichtlicher Seite zurückgewiesen wurde. Das Gericht, dass es sich bei den Bewertungen zu bestimmten Kfz-Kennzeichen um sog. „personenbezogene Daten“ handle, bei denen das Bundesdatenschutzgesetz hohe Schutzanforderungen stellt. Demnach ist es unzulässig, wenn solche personenbezogenen Daten auf einer Internetplattform öffentlich einsehbar sind.

In der rechtlichen Abwägung zwischen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Fahrzeughalter und den Interessen der Portal-Betreiber bzw. dessen Nutzer überwog das Recht der Autofahrer deutlich. Das Ziel der Selbstreflexion des Fahrverhaltens könne laut dem Gericht auch unter Anwendung der geforderten Umgestaltung des Internetportals erreicht werden. Es gäbe demnach keinen Anlass den Interessen der Portal-Betreiber hier Vorrang zu gewähren.

Die Portal-Betreiber forderten zwar gegen dieses Urteil eine Revisionsmöglichkeit, jedoch wurde diese ebenfalls abgelehnt.

Fazit: Bewertungsportale, die sich auf Privatpersonen wie z.B. Autofahrer beziehen, sind datenschutzrechtlich äußerst kritisch zu betrachten, da dabei oftmals personenbezogene Daten öffentlich preisgegeben und so fremde Rechte verletzt werden. Betroffene, die gegen beeinträchtigende Bewertungen auf dem Zivilgerichtsweg vorgehen müssen, können auch an die Einschaltung von Datenschutzbehörden denken.

 

Instanzen:

VG Köln, Urteil vom 16.02.2017, Az.: 13 K 6093/15

OVG Münster, Urteil vom 19.10.2017, Az.: 16 A 770/17

 

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Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.

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