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Domainrecht: BGH-Urteil zur Freigabe einer Domain wegen Namensrecht an Abkürzung

12. Dezember 2014

Domainstreit um Abkürzung

Der Saarländischen Rundfunk benutzt die Abkürzung SR und hat dafür auch eine Wortmarke eingetragen. Jemand anderes hatte sich die Domain sr.de bei der DENIC eG gesichert. Inhalte waren über die Internetadresse nicht abrufbar. Dem Inhaber der Domain ging es wohl nur um einen späteren Verkauf.

Der Saarländischen Rundfunk ließ bei der DENIC eG einen Dispute-Eintrag für die Domain sr.de eintragen.  Ein Dispute-Eintrag bewirkt, dass der Domaininhaber die Domain zwar weiter nutzen, sie aber nicht auf jemand anders übertragen kann.  Außerdem forderte die Rundfunkanstalt den Domaininhaber – ohne Erfolg – auf, die Domain freizugeben.

Der Domaininhaber klagte gegen den Sender auf Löschung des Dispute-Eintrags. Im gleichen Verfahren wurde der Domaininhaber im Rahmen einer Widerklage wiederum Saarländischen Rundfunk auf Löschung der Domain verklagt. Das Landgericht verurteilte den Domaininhaber zur Einwilligung in die Löschung der Domain gegenüber der DENIC.  Das OLG Frankfurt als Berufungsinstanz sah das anders. Nur über diese Löschung der Domain musste der BGH entscheiden.

Namensrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Löschung einer Domain

Der Saarländische Rundfunk beruft sich auf sein Namensrecht aus § 12 BGB. Ihm stünden ältere Rechte an dem Domain-Namen zu.

Abkürzung der Unternehmensbezeichnung „Saarländischer Rundfunk“

Das sieht auch der BGH so. Es besteht gemäß § 12 BGB ein Anspruch auf Löschung der Domain sr.de.

Der BGH bestätigt zuerst seine bisherige Rechtsprechung zum Domainrecht. Das Markenrecht ist eigentlich das speziellere Recht und damit auch anwendbar. Ein Anspruch aus Markenrecht, insbesondere aus  §§ 5, 15 MarkenG besteht nicht, weil der Domaininhaber die Domain bisher nicht im geschäftlichen Verkehr benutzt hat. Das Markenrecht gibt auch keinen Freigabeanspruch. Daher kann man auf das Namensrecht als Anspruchsgrundlage zurückgreifen.

Der BGH bestätigt erneut, dass ein Freigabeanspruch aber auf das Namensrecht gestützt werden kann.

Das Namensrecht schützt auch die Firma (also den Namen eines Kaufmanns) oder namensmäßig unterscheidungsfähige Bestandteile der Firma und andere Namen, wie eine Unternehmensbezeichnung.

SR ist die aus der Unternehmensbezeichnung Saarländischer Rundfunk gebildete Abkürzung. Diese Abkürzung wird schon lange in ganz Deutschland genutzt. Diese Buchstabenfolge kann man zwar nicht als Wort aussprechen, ist aber unterscheidungskräftig, sie hat „originäre Unterscheidungskraft“.

Daher besteht auch an der Abkürzung ein Namensrecht.

Freigabe der Domain wegen Verletzung Namen

Dieses Namensrecht wird durch die Domainanmeldung verletzt. Der BGH sieht einen Fall der  unberechtigten Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB.

Das Registrieren eines Namens als Domain ist schon ein Namensgebrauch.

Der Namensgebrauch durch Domaininhaber ist auch unbefugt. Der Domaininhaber hat nach Ansicht des BGH kein eigenes schützenswertes Recht am Namen „sr“ und damit an der Domain. Weder nutzt er die Bezeichnung als eigenen Namen noch hat er eine Erlaubnis des Namensträgers zur Nutzung. Das bloße Interesse am Weiterverkauf einer Domain ist bei der Prüfung eines namensrechtlichen Löschungsanspruchs nicht schutzwürdig.

Rechtlich ordnet das der BGH die Domainregistrierung als „Zuordnungsverwirrung“ ein.

Das OLG ging in der Vorinstanz noch davon aus, dass die Bezeichnung „sr“  bundesweit nicht bekannt sei. Der BGH betonte aber, dass für die ARD auch Programmbeiträge für eine bundesweite Ausstrahlung produziert werden und „sr“ somit auch deutschlandweit als Name des Saarländischen Rundfunks wahrgenommen wird. Selbst bei nur regionaler Bekanntheit würde ein Löschungsanspruch bestehen.

Fazit: Die BGH-Entscheidung wurde vor allem auch deswegen kritisiert, weil die Abkürzung "SR" für ganz verschiedene Dinge stehen kann, z.B. den Begriff "Senior" oder das chemische Element Strontium. Die Entscheidung ist aber im Ergebnis wohl richtig. Der Saarländische Rundfunk hat ein berechtigtes Interesse. Der Domaininhaber wollte die Domain nur zu Geld machen, das ist zwar rechtlich erlaubt, wird aber nicht als eigenes Interesse im Sinne des Namensrechts geschützt.

 

In den Besprechungen des Urteils wurde auch an ein anderes Domain-Urteil zugunsten eines Senders erinnert.  Der Journalist Wolf-Dieter Roth, der seit seinem 12. Lebensjahr „WDR“ genannt wurde verlor schon 2000 beim Landgericht in Köln Urteil vom 23.05.2000 -33 O 216/00.

Im Streit um die Nutzung der Domain wdr.org hat der Westdeutsche Rundfunk vom Gericht aus Markenrecht einen Unterlassungsanspruch gegen die geschäftliche Nutzung  der Domain unter der Buchstabenkombination „WDR“ bekommen. Es ging damals nicht um die Löschung. Wie – aus heutiger rechtlicher Sicht – ein Anspruch auf Löschung der Domain ausgegangen wäre, ist sicher offen. Allerdings hätte hier der Journalist ein eigenes namensrechtlich geschütztes Interesse.

 

BGH, Urteil vom 06.11.2013 – I ZR 153/12

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