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Urheberrecht: Zweifel an tatsächlicher Vermutung beim Filesharing – Amtsgericht Bielefeld entscheidet zugunsten von Anschlussinhaber

9. Dezember 2014

Das Amtsgericht Bielefeld zweifelt in seiner Entscheidung vom 6.3.2014 die tatsächliche Vermutung für die Haftung des Anschlussinhabers an. Außerdem geht es von einer dreijährigen Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen aus.

Filesharing – Abmahnung wegen Musik – Schadensersatzforderungen

Zu Grunde lag ein typischer Fall des Filesharing. Eine Tonträgerfirma klagte gegen den Internetanschlussinhaber, im konkreten Fall ein Familienvater. Außer ihm leben im Haushalt die Ehefrau und seine beiden Töchter, sowie gelegentlich sein Stiefsohn. Das Internet wird von allen Bewohnern regelmäßig und eigenverantwortlich genutzt. Die Tonträgerfirma ist Produzentin des Doppelalbums “MTV Unplugged In New York“ der Gruppe “Sportfreunde Stiller“.

Dieses Album sei am 23.06.2009 mit dem Filesharing-Programm „Bit-Torrent“ über den Internetanschluss des Familienvaters zum Heruntergeladen angeboten worden.

Bevor es zur Klage kam, forderte die Tonträgerfirma in einem Abmahnschreiben die Zahlung von 1200 € sowie die Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung. Der Anschlussinhaber gab die Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber die Zahlung.

Mitbenutzung des Internetanschlusses durch Familie

Der Anschlussinhaber sagte vor Gericht, dass er selbst nichts damit zu tun hätte. Er hätte zudem Ehefrau und Kinder über rechtswidriges Verhalten im Internet belehrt und seinen Anschluss entsprechend verschlüsselt. Damit sei er seinen Prüfpflichten nachgekommen. Die Tonträgerfirma sah das anders und argumentierte, dass der Anschlussinhaber beweisen müsse, die Urheberrechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben.

Achtung: Grundsätzlich haftet der Anschlussinhaber nicht als Täter, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein anderer die Urheberrechtsverletzung begangen hat und er darauf hinweist. Er haftet aber als Störer, wenn er zumutbare Überwachungs- und Belehrungspflichten verletzt hat. Volljährige Familienangehörige müssen nur belehrt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Familienmitglied den Internetanschluss für Urheberrechtsverletzungen nutzt. (BGH- Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare)

Gutes Urteil für Nutzer von Tauschbörsen im Internet

Gericht zweifelt an Vermutungsregel zu Lasten des Anschlussinhabers

Das Amtsgericht Bielefeld zweifelt daran, dass in Mehrpersonenhaushalten eine Rechtsverletzung durch den Anschlussinhaber zu vermuten ist und dieser das Gegenteil beweisen muss. Auch Kontrollpflichten bestehen nicht:

„Wenn sich der Internetanschluss in einem Mehrpersonenhaushalt befindet, entspricht es vielmehr üblicher Lebenserfahrung, dass jeder Mitbewohner das Internet selbständig nutzen darf, ohne dass der Anschlussinhaber Art und Umfang der Nutzung bewusst kontrolliert.“

Selbst bei Annahme der Vermutungsregel, sei der Anschlussinhaber seinen Kontrollpflichten in ausreichendem Maß nachgekommen.

Schadensersatz – Verjährung nach drei Jahren

Das Gericht stellt zudem klar, dass Forderungen auf Schadensersatz nach drei Jahren verjähren (und nicht nach 10 Jahren wie vom BGH für Lizenzansprüche angenommen – BGH, Urt. v. 27.10.2011, I ZR 175/10). Für den Fall bedeutet das, dass die 2009 erhobene Forderung mit dem Ende des Jahres 2012 verjährt ist. Die Tonträgerfirma konnte damit zum Zeitpunkt der Klage am 03.09.2013 ohnehin keinen Schadensersatz mehr verlangen.

Fazit:

Das Amtsgericht Bielefeld stärkt in lebensnaher Weise die Rechte des Internetanschlussinhabers, indem es eine Täterschaftsvermutung ablehnt. Ansonsten genügt ein Hinweis des Anschlussinhabers, dass mehrere Personen im Haushalt den Internetzugang nutzen und der Anschlussinhaber seinen Sicherungs- und Kontrollpflichten nachgekommen ist.

Amtsgericht Bielefeld, Urteil vom 06.03.2014, Aktenzeichen 42 C 368/13

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