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Persönlichkeitsschutz durch Löschung von Google-Suchergebnissen – EuGH

Die Suchmaschine Google muss nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs auf Antrag Suchergebnisse löschen, welche das Persönlichkeitsrecht verletzen.

Negative Informationen in Zeitungsberichten aus dem Jahr 1998

Vorausgegangen war eine Aufforderung eines spanischen Staatsbürgers, der von Google verlangte Suchergebnisse zu löschen, die Links zu bestimmten Zeitungsberichten enthielten. Es handelte sich um Berichte aus einer spanischen Tageszeitung aus dem Jahr 1998, in denen es um die Zwangsversteigerung eines Grundstücks des Spaniers wegen offener Forderungen der Sozialversicherung ging.

Google lehnte die Löschungsaufforderung zunächst ab. Nach Beschwerde schaltete sich die spanische Datenschutzbehörde ein, welche einen Löschungsanspruch anerkannte und Google verpflichtete, die entsprechenden Suchergebnisse zu entfernen. Dagegen klagte Google vor einem spanischen Gericht, das daraufhin die Sache zur Klärung dem europäischen Gerichtshof vorlegte.

Europäisches Recht gilt auch für Google

Die erste Hürde, die der EuGH nehmen musste, war die Frage, ob für das US-Unternehmen Google europäisches Datenschutzrecht gilt. Google argumentierte, dass die datenverarbeitenden Server gerade nicht in der EU, sondern in den USA stünden, weshalb das Datenschutzrecht der USA gelten  muss.

Der EuGH teilte diese Auffassung nicht und hielt entgegen, dass die Google-Suchmaschine ein werbefinanzierter Dienst sei. Diese Werbetätigkeit übe Google auch in der EU durch Zweigniederlassungen oder Tochterunternehmen, auch in Spanien aus. Aufgrund dessen ist europäisches Datenschutzrecht nach Art 4 Abs. 1a EU-Datenschutzrichtlinie anwendbar. Der Ort der Datenverarbeitung spielt für die Unternehmenstätigkeit keine Rolle.

Kein Medienprivileg für Suchmaschinen

Die Richter stellen außerdem fest: Die von Art 9 EU-Datenschutzrichtlinie erlaubte Möglichkeit der Einschränkung des Grundrechts der Privatsphäre zugunsten der Meinungsfreiheit (Medienprivileg) gilt nicht für Suchmaschinen.

Google kann sich dagegen im Rahmen der Interessenabwägung nur auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und sein wirtschaftliches Interesse berufen, die gegenüber den Persönlichkeitsrechten stets nachrangig sind. Das heißt, ein Löschungsanspruch der Suchergebnisse besteht (nach Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. A EU-Datenschutzrichtlinie), wenn sie die Persönlichkeitsrechte (z.B. Privatsphäre, Schutz personenbezogener Daten) verletzen. Sie wirken neben den auf den einzelnen Webseiten zu findenden Informationen zusätzlich und über einen längeren Zeitraum belastend für die Betroffenen. Ausnahmsweise kann jedoch in vom Gericht nicht näher beschriebenen besonders gelagerten Fällen das Informationsinteresse überwiegen.

Recht auf Vergessenwerden im Internet?

Die Luxemburger Richter nehmen zu einem Recht auf Vergessenwerden nicht tiefgreifend Stellung. Sie kommen aber zum Ergebnis, dass ein rechtmäßiges Suchergebnis nach einiger Zeit rechtswidrig werden kann, da das Informationsinteresse mit Zeitablauf abnimmt, bei Personen des öffentlichen Lebens wird dies im Zweifel länger dauern. Konkrete Kriterien werden aber nicht benannt. Im Fall des spanischen Antragstellers sah das Gericht keine besonderen Gründe, die nach 16 Jahren noch ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse begründen würden.

Fazit und Auswirkungen: Das Urteil stärkt zum einen die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen, verringert andererseits aber die Objektivität der Suchergebnisse.

Zuerst ist festzuhalten, dass das bestehende europäische Datenschutzrecht auch gegenüber Unternehmen mit Sitz in Nicht-EU-Staaten gilt, wenn diese auf dem europäischen Markt tätig werden. Außerdem kann sich Google bezüglich der Suchergebnisse nicht auf die Meinungsfreiheit berufen.

Ein Anspruch auf Löschung besteht, wenn im Einzelfall im Vergleich zu den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen kein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Falls Google eine Löschung ungerechtfertigt ablehnt, drohen hohe Bußgelder. Dies führt bereits dazu, dass Google seit dem Urteil den Löschungsanträgen – nach allerdings nicht überprüfbaren Angaben im Internet – in ca. jedem dritten Fall nachkommt. Neben den bisher bestehenden Auskunfts- und Unterlassungsansprüchen (§§ 823, 1004 BGB; Bundesdatenschutzgesetz), die durch Abmahnung bzw. Klage geltend gemacht werden, hat der EuGH einen Löschungsanspruch geschaffen, der durch einen leicht und ohne Kostenrisiko zu stellenden Antrag verwirklicht werden kann.

Ein Recht auf Vergessenwerden kann nach einem bestimmten Zeitablauf entstehen, wenn kein  aktuelles Informationsinteresse mehr besteht. Kriterien könnten neben einem bestimmten Zeitablauf die Art und Bedeutung der Information, Sensibilität für das Privatleben und Bekanntheit der Person sein.

 

Europäischer Gerichtshof – Urteil vom 13.05.2014, Aktenzeichen C-131/12

 

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