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15. 3. 2016 – Foto-Klage von Pixel Law beim Landgericht Berlin: Kein automatischer Schadensersatz nach MFM-Tabelle

Abmahnung wegen unerlaubter Nutzung eines Profi-Fotos im Internet

Es ging um die unerlaubte Nutzung von Fotos eines Berufsfotografen im Internet.

Der Fotograf arbeitet für eine GmbH, deren Gesellschafter er auch ist. Seine Fotos verkauft er nicht nach außen. Daher gibt es auch keine Lizenzierungspraxis, aus der sich die Höhe der Lizenzgebühr für die Nutzung von Fotos dieses Fotografen für ein einzelnes Nutzungsrecht gesondert ermitteln lässt.

Gestritten wurde um eine Fotografie, auf die eine Nutzerin ein Paragraphen-Zeichen setzte. Danach verwendete sie dann das Foto auf ihrer Internetseite, wo es über einen Zeitraum von über sieben Jahren war.

Der Fotograf hatte für die Fotonutzung kein Nutzungsrecht eingeräumt. Der Fotograf war auf der Internetseite auch nicht als Urheber der Fotografie genannt.

Der Fotograf ließ die Frau durch ein Anwaltsschreiben abmahnen und forderte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten. Die Abmahnung kam von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Pixel Law, die sich auf Abmahnungen von Fotos spezialisiert hat.

Für seinen Schadensersatz stützte er sich auf die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM-Empfehlungen). Danach sei ein Schadensersatz in Höhe von 697,50 € für die Nutzung des Fotos zu erstatten. Wegen der fehlenden Urheberbenennung verlangte der Fotograf 100 % Aufschlag. Zusammen mit den Kosten der Abmahnung ging es um eine Zahlungsforderung von 1.950,60 €.

Da außergerichtlich weder eine Unterlassungserklärung abgegeben, noch Schadensersatz gezahlt wurde, klagten die Anwälte von Pixel Law.

Unterlassungsanspruch ja, Schadensersatzanspruch nicht in dieser Höhe

Das Landgericht Berlin gab dem Fotografen hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs und des grundsätzlichen Anspruchs auf Schadensersatz Recht.

Die Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz ergeben sich aus den §§ 97 Abs. 1, Abs. 2, 19a, 13 UrhG.

Der Umstand, dass die Nutzerin auf dem Foto ein Paragraphen-Zeichen einfügte, macht es nicht zur rechtlich erlaubten freien Benutzung nach § 24 UrhG. Das Foto ist nach § 72 UrhG als Lichtbild geschützt. Damit ist es auch egal, dass nur ein Teil des Fotos unberechtigt genutzt wird und das Ursprungsfoto durch die Bearbeitung verändert wird und dahinter verblasst.

§ 72 UrhG schützt schon vor der Übernahme und Verarbeitung einzelner „Pixel“ und zwar „unabhängig von ihrer Quantität und Qualität“, so das Landgericht Berlin.

Unterlassungsanspruch entfällt erst nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung

Damit bestand ein Unterlassungsanspruch. Der Unterlassungsanspruch war auch nicht entfallen, nur weil der Fotograf über ein Jahr mit der Klage wartete.

Höhe des Schadensersatzanspruchs – MFM-Tabelle anwendbar?

Für Fotografen ist es bei der Berechnung des Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie bei unberechtigter Fotonutzung meist vorteilhaft, wenn für die Berechnung die MFM-Tabelle genommen wird, weil dort recht hohe Tarife verpreist sind.

Gerichte sind über die Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen uneins.

Das Landgericht Berlin ist in letzter Zeit der Auffassung, dass die MFM-Tabelle schon nicht annäherungsweise mehr zur Bestimmung einer angemessenen Lizenzgebühr herangezogen werden kann. Bloße Honorarempfehlungen wie die der MFM können die Marktverhältnisse nicht realistisch wiedergeben. Die MFM-Tabelle darf keine Tarife schaffen, die als solche am freien Markt gar nicht realisiert werden können.

Im konkreten Fall durfte der Fotograf aber seinen Schadensersatzanspruch schon deswegen nicht nach den MFM-Empfehlungen berechnen, weil er seine Fotos gar nicht nach außen verkauft.

Die MFM-Empfehlungen sind für Fälle, in denen der Fotograf seine Fotos nicht nach außen lizenziert, nicht anwendbar, weil „die MFM-Empfehlungen ihrem eigenen Anspruch nach eine marktgerechte – und nur insoweit „angemessene“ – Lizenzierungspraxis der tatsächlich am Markt tätigen Fotografen abbilden soll“.

Nach § 97 Abs. 2 UrhG darf der Schadensersatz den Fotografen nicht besser stellen, als er ohne die Rechtsverletzung stehen würde.

100 Euro für unberechtigte Nutzung eines Fotos und Verdopplung wegen fehlender Urheberbenennung

Daher schätzte das Landgericht den Schaden auf insgesamt 200 €, 100 € als eigentliche Lizenzgebühr und 100 € als weiteren Zuschlag in Höhe von 100 % aufgrund der fehlenden Urheberbenennung (§ 13 UrhG).

Den Streitwert für die Klage und damit auch den Gegenstandswert für die Abmahnung setzte das Gericht auf bis zu 7000 € fest. Das entspricht auch der Praxis anderer Gerichte, die für den Unterlassungsanspruch bei unberechtigter Fotonutzung 6000 € ansetzen. Hinzu kommt dann noch der Wert des Schadensersatzanspruchs.

Landgericht Berlin, Urteil vom 30.07.2015, Az. 16 O 410/14 – Das Urteil ist laut der Kanzlei Hoesmann in Berlin, die das Urteil erstritten hat, auch rechtskräftig.

Fazit: Die unerlaubte Nutzung von Fotos ist ärgerlich. Deshalb stehen dem Fotografen auch Rechte wie der Unterlassungsanspruch und der Schadensersatzanspruch zu. Allerdings soll der verletzte Fotograf über den Schadensersatz nicht mehr bekommen, als er am freien Markt für seine Fotos erzielt.
Zumindest beim Landgericht Berlin haben es Fotografen, die unabhängig von ihren wirklich erzielten Preisen die MFM-Tarife durchsetzen wollen, schwer. Das Landgericht Berlin spricht auch im Urteil vom 29.01.2016, Az. 16 O 522/14 davon, dass die MFM-Tabelle zu extrem hohen Schadensersatzbeträgen geführt, die in den meisten Fällen nicht der Lizenzierungspraxis des Fotografen entsprechen.

Wir beraten Sie zum richtigen Umgang mit Fotos und helfen Ihnen nach Abmahnungen wegen unerlaubter Fotonutzung, den Schaden zu begrenzen.

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

Fachanwalt Urheber- und Medienrecht Leipzig

 

 

 

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