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18. 3. 2016 – KG Berlin: Pixelio-Abmahnungen – Urhebernennung keine Bedingung für Lizenz und keine MFM-Tarife

Zahlreiche Internetseiten verwenden preiswerte Fotos aus Bildarchiven wie fotolia oder pixelio.

Das führt immer wieder zu Abmahnungen und Klagen von Fotografen gegen Foto-Nutzer. Ein anfänglich (fast) kostenloses Foto wird damit zum Kosten-Bumerang mit deutlich über 1000 Euro liegenden Gesamtkosten.

Ein recht lukratives Geschäftsmodell war in der Vergangenheit, Betreiber von Internetseiten deshalb abzumahnen, weil sie zwar ordnungsgemäß eine Lizenz von der Bildagentur erworben haben, aber dann auf ihrer Internetseite vergessen haben, den Fotografen zu nennen.

Abgemahnt wird aber auch schon deswegen, weil der Fotograf nur im Impressum, nicht aber am oder im Bild als Urheber genannt wird.

Warum so hohe Schadensersatzforderungen in Foto-Abmahnungen?

Interessant aus Sicht der Fotografen sind vor allem die hohen Schadensersatzforderungen gegen die Nutzer ihrer Fotos.

Die hohen Schadensersatzbeträge ergaben sich aus dem Zusammenspiel von zwei rechtlichen Annahmen, denen das Landgericht Berlin – Urteil vom 4. Juli 2015, Az. 16 O4 115/14 und das Berliner Kammergericht im Berufungsverfahren dazu Ende 2015 klar widersprochen haben.

Die erste Unterstellung der Abmahner war die rechtliche Auffassung, dass auch eine legale Lizenz, die man von einem Bildarchiv wie fotolia oder pixelio erwirbt, im Nachhinein dadurch wegfällt, dass man den Fotografen als Urheber nicht (richtig) benennt. Die Pflicht zur Urheberbenennung ergibt sich aus dem Urheberrechtsgesetz, § 13.

Die Lizenz bestünde somit nur unter der rechtlichen Bedingung der richtigen Urhebernennung.

Bezogen auf den Schadensersatz führt das dazu, dass dann bereits für die bloße Bildnutzung, die ja dann illegal ist, Schadensersatz zu zahlen ist.

Die zweite rechtliche Annahme, die zu einer Explosion der Schadensersatzforderung geführt hat, ist, dass die Fotografen bei der Schadensberechnung auf die MFM-Tabelle zurückgreifen können.

Die Empfehlungen in der MFM-Tabelle führen zu Lizenzpreisen, die viele Fotografen auf dem freien Markt nicht erzielen können.

Berlin deckelt Schadenersatzhöhe

Mit beiden Rechtsfragen haben sich die Berliner Gerichte in letzter Zeit auseinander gesetzt und dafür gesorgt, dass dieses Geschäftsmodell bestimmter Fotografen zumindest vor Berliner Gerichten deutlich weniger lukrativ wird. Die Entscheidungen sind rechtskräftig.

Kammergericht Berlin Aussage 1: Urhebernennung keine Bedingung für wirksame Lizenz von Pixelio

Die Pflicht zur Urheberbenennung ist – das stellt das Kammergericht klar – keine Bedingung im Rechtssinne für das Bestehen des Nutzungsrechts.

Fotografen behaupteten mit den Abmahnungen, dass die rechtliche Verpflichtung zur Urhebernennung eine aufschiebende bzw. auflösende Bedingung für das Bestehen der Lizenz sei.

Wäre die Urhebernennung eine Bedingung im Sinne von § 158 BGB, führt der fehlende Urheber- Vermerk dazu, dass der abgemahnte Bild-Nutzer rechtlich wie ein „Bilderdieb“ zu behandeln ist, obwohl er eine Lizenz erworben hat.

Diese Rechtsauffassung wurde in mehreren Urteilen des Amtsgerichts Charlottenburg, auf die sich insbesondere die Berliner Fotorechtskanzlei Pixel Law berief, vertreten (AG Charlottenburg Urteil vom 28. Januar 2014: 225 C 270/13 oder AG Charlottenburg Urteil vom 15. Januar 2014: 231 C 507/13, verlinkt bei der Kanzlei Pixel Law unter www.anwalt-fotorecht-berlin.de/urteile ).

Diese Rechtsauffassung ist nach der Entscheidung des Kammergerichts zumindest in Berlin nicht mehr zutreffend:

Das Kammergericht sagte eindeutig, dass der auf pixelio.de vorgesehene Lizenzvertrag zwischen dem Fotografen als Urheber und dem Nutzer des Fotos für die redaktionelle und kommerzielle Nutzung nicht so auszulegen ist, dass die Einräumung eines nicht übertragbaren Nutzungsrechts an einen registrierten Nutzer nicht an die Bedingung der Urheberbenennung und Quellenangabe pixelio geknüpft ist.

Die Nutzungsbedingungen von Pixelio hinsichtlich des Namensnennungsrechts (Nummer IV der Nutzungsbedingungen) stellt nur eine Vertragspflicht des Nutzers auf, ohne dass daran die Nutzungsrechtseinräumung im Rechtssinne gekoppelt ist.

Das Kammergericht Berlin sagt auch, dass die in den Nutzungsbedingungen von Pixelio zur Namensnennung enthaltene Formulierungen „in üblicher Weise“ und „soweit technisch möglich am Bild selbst“ Unwägbarkeiten auslöst, von denen – nach Ansicht des Gerichts – „nicht anzunehmen ist, dass die Rechtseinräumung als solche hiervon abhängig gemacht werden sollte, wenn die Interessen des Nutzers angemessen mitberücksichtigt werden“.

Damit wird die Verwendung eines von Pixelio lizenzierten Fotos nicht dadurch illegal, dass der Fotograf als Urheber nicht richtig benannt ist.

Deswegen entsteht kein Schadensersatz wegen unerlaubter Fotonutzung, sondern nur wegen falscher oder unterbliebener Urheberbenennung. Das reduziert den Schadensersatzanspruch rechnerisch schon mal auf die Hälfte.

Beispiel: Ein Unternehmen verwendet ein Pixelio-Foto auf seiner Internetseite, ohne das Namensnennungsrecht in Form eines Copyright-Vermerks zu beachten. Der Fotograf darf zwar eine Entschädigung wegen fehlender Urheberbenennung verlangen, nicht aber wegen illegaler Fotonutzung.

Aussage 2: Fotograf hat keinen Anspruch auf Lizenzgebühren nach MFM-Honorarempfehlungen

Insbesondere die Urteile des Amtsgerichts Charlottenburg (siehe oben) hatten dem Fotografen eine fiktive Lizenzgebühr nach den teuren „MFM-Empfehlungen“ + 100% „Verletzerzuschlag“ wegen fehlender Urheberbenennung zugesprochen.

Auch das dürfte in Berlin Geschichte sein. Zu den Pixelio-Fällen sagte das Kammergericht (wie auch das Landgericht) Berlin ausdrücklich, dass die MFM-Tarife bei Verwendung von Pixelio-Fotos ohne Urhebervermerk nicht einfach anwendbar sind.

Das KG Berlin hat, wie parallel auch das Landgericht Berlin (Urteil vom 30.07.2015, Az. 16 O 410/14) aber zumindest zwischen den Zeilen gesagt, dass auch in anderen Fällen als Pixelio-Fotos, die MFM- Empfehlungen nicht automatisch für alle gewerblichen Fotos angewendet werden können.

Sowohl des Kammergericht als auch das Landgericht Berlin schätzen den Schaden für die unterlassenen Urhebernennungen gemäß § 287 ZPO auf pauschal 100 €.

Das Kammergericht hat die Berufung des Fotografen mit Beschluss vom 07.12.2015 wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussichten zurückgewiesen (KG Berlin, Beschluss vom 07.12.2015 und Hinweisbeschluss vom 26.10.2015, Az. 24 U 111/15). Vorinstanz war das Landgericht Berlin, Urteil vom 04.06.2015, Az. 16 O 415/14.

Anwalt für Fotorecht in Leipzig

Rechtsanwalt Aelxander Grundmann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

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