BGH-Urteile vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14, I ZR 21/14 und I ZR 75/14
Wie der Presserklärung des BGH zu entnehmen ist, hat der Urheberrechtssenat des Bundesgerichtshofs am 11. Juni 2015 drei für Abgemahnte ungünstige Urteile des Oberlandesgerichts Köln bestätigt.
In den BGH-Urteilen ging es, wie meistens in den Gerichtsfällen um Filesharing, um Ansprüche auf Schadensersatz und Bezahlung der Abmahnkosten nach einer Abmahnung wegen Tauschbörsennutzung.
Geklagt hatten wieder einmal „vier führende deutsche Tonträgerherstellerinnen“.
Vorausgegangen waren Abmahnungen aufgrund von Recherchen des beauftragten Softwareunternehmens proMedia 2007, die die IP-Adressen ermittelt, über die Musiktitel zum Download angeboten wurde.
Anmerkung: Da es damals noch nicht den Auskunftsanspruch in § 101 Urheberrechtsgesetz gegen den Provider gab, wurde Strafanzeige gestellt, auch um an die Providerauskünfte zur Person des Anschlussinhabers zu kommen. Heute können sich die Rechteinhaber nach einem entsprechenden Beschluss der Landgerichte gleich an den Provider wenden.
In den Ermittlungsverfahren wurden dann vom Internet-Provider der später Abgemahnten als Inhaber der den jeweiligen IP-Adressen zugewiesenen Internetanschlüsse benannt.
Dann wurden die Anschlussinhaber durch Rechtsanwälte abgemahnt. Neben der Forderung nach Abgabe der Unterlassungserklärung wegen Verletzung der Tonträgerherstellerrechte enthielt die Abmahnung auch Forderungen auf Schadensersatz sowie Ersatz von Abmahnkosten.
Die abgemahnten Anschlussinhaber zahlten nicht, daraufhin wurden sie beim Landgericht Köln verklagt. In zweiter Instanz entschied das OLG Köln gegen die drei Anschlussinhaber.
Die Anschlussinhaber haben dann jeweils Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt, waren aber im Ergebnis nicht erfolgreich.
Anschlussinhaber gleich Täter?
In einem Rechtsstreit (BGH-Urteil I ZR 75/14) hat der Anschlussinhaber die Richtigkeit der Ermittlungen des Softwareunternehmens bestritten.
Er hat auch bestritten, dass ihm zum Tatzeitpunkt die IP-Adresse zugewiesen gewesen war.
Der Anschlussinhaber sagte, dass er sich mit seiner Familie zur angeblichen Tatzeit im Urlaub befunden habe und daher keiner der Familienmitglieder das Filesharing begangen habe. Vor Urlaubsantritt habe er Router und Computer vom Stromnetz getrennt.
In dem Rechtsstreit wurden daher ein Mitarbeiter des Softwareunternehmens und zumindest ein Familienangehöriger des Anschlussinhabers als Zeugen vernommen.
Dieser Zeuge konnte das OLG nicht überzeugen, dass die Familie zur Tatzeit im Urlaub war.
Beide Vorinstanzen hatten den Anschlussinhaber als Täter der Urheberrechtsverletzungen angesehen, da nach seinen Angaben ein anderer Täter nicht ernsthaft in Betracht komme.
Weil der Anschlussinhaber nicht dargelegt hatte, dass andere Personen zum Tatzeitpunkt selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzungen in Betracht kommen, greift die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Inhabers eines Internetanschlusses ein.
Auch in dem anderen Verfahren (BGH-Urteil I ZR 19/14) wurde die Richtigkeit der Ermittlungen des Softwareunternehmens und der Auskunft des Internetproviders sowie die Beteiligung eines Familienangehörigen beim Filesharing erfolglos bestritten.
Hier gingen die Gerichte davon aus, dass die Ermittlungen richtig waren. Der Anschlussinhaber konnte die Gerichte auch nicht davon überzeugen, dass er nicht Täter der Urheberrechtsverletzung war.
Seine Ehefrau, die den Rechner auch nutzte, verfügte nicht über Administratorenrechte zum Aufspielen von Programmen. Der im Haushalt des Beklagten lebende 17jährige Sohn kannte das vor der Nutzung des Computers einzugebende Passwort nicht.
Verletzung der Aufsichtspflicht durch Anschlussinhaber?
In dritten Urteil ( I ZR 7/14) wurde der Internetanschluss auch vom 16jährigen Sohn und der 14jährigen Tochter genutzt.
Hier wurde im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlung eine Vernehmung der Tochter durchgeführt. Bei der polizeilichen Vernehmung räumte die Tochter ein, die Lieder heruntergeladen zu haben.
Im Verfahren behauptete die Mutter, dass sie ihre Tochter über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Musiktauschbörsen belehrt hat. Hier ging es um eine Verletzung der Aufsichtspflicht der Mutter (§ 832 Abs. 1 Satz 1 BGB).
In dem Verfahren ging es auch um die Verwertung des polizeilichen Geständnisses der Tochter.
In allen drei Verfahren vor dem BGH blieben die Anschlussinhaber erfolglos.
Vermutung für Rechtsinhaberschaft
Der BGH hat bestätigt, dass die Eintragung der Tonträgerhersteller in die Phononet-Datenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft der Tonträgerherstellerrechte ist und keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen wurden, die diese Indizwirkung für die streitigen Musiktitel entkräften.
Ein pauschales Bestreiten reicht hier nicht aus.
Damit durften die Tonträgerhersteller wirksam abmahnen und klagen.
Ermittlungsergebnisse beim Filesharing grundsätzlich richtig
Der BGH bestätigt auch, aufgrund der von den Tonträgerherstellern bewiesenen Richtigkeit der Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders, dass die Lieder über die den Anschlussinhabern zugeordneten Internetanschlüsse zum Herunterladen bereitgehalten worden sind.
Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders auch Fehler vorkommen können, reicht nicht, solange im Einzelfall keine konkreten Fehler genannt werden können.
Haftung für minderjähriges Kind
In dem einen Fall hatte die Anschlussinhaberin ihre Tochter nicht entsprechend belehrt. Daher haftet sie wegen Verletzung der Aussichtspflicht.
Schadenersatz 200 Euro je Lied angemessen
Der BGH bestätigte die richtige Ermittlung des Schadensersatzes als Lizenzanalogie durch die Kölner Gerichte. 200 € für je 15 Musiktitel sei in Ordnung.
Rechtsanwalt Alexander Grundmann
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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