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17.06.2015: BGH Onlinerecht, Fotorecht: Keine Vertragsstrafe nach Unterlassungserklärung wegen Nutzung Foto durch Abonnenten des RSS-Feeds

Unterlassugnserklärung nach Abmahnung von Foto im Internet

Ursprünglich ging es um die Verwendung eines heimlich aufgenommenen Fotos einer Ex-RAF-Terroristin durch die Bildzeitung im Internet auf bild.de.
Die BILD GmbH & Co. KG als Betreiberin von bild.de hatte sich nach einer Abmahnung durch Frau H. verpflichtet, das Foto unter der Überschrift „Hier radelt die Ex-RAF-Terroristin in den Freigang“ nicht erneut zu verbreiten.

Daraufhin hatte BILD das Foto von der Seite im Internet gelöscht und auch sonst nicht weiter verwendet. Hinsichtlich Google beantragte BILD die Löschung des Fotos im Google Cache. So weit, so gut.

Allerdings können Nachrichten und Bilder von bild.de auch von RSS-Feed-Abonnenten bezogen werden und das führte hier zum Streit, den der BGH entscheiden musste.

Worum ging es? Ein deutschsprachiges Informationsportal aus Luxemburg hatte als Abonnentin des RSS-Feeds von bild.de den Informationsblock mit dem Foto bereits bezogen.

Daher war das Bild mit der Überschrift „Ex-RAF-Terroristin H. radelt in den Freigang“ auf der Website des Informationsportals, mit dem die BILD sonst nichts zu tun hat, auch nach Abgabe der Unterlassungserklärung durch bild.de zu sehen.

Hintergrund: Frau H. verklagte auch das Informationsportal aus Luxemburg. Der Rechtsstreit, bei dem es nur um die Abmahnkosten ging, weil das Portal die Inhalte nach der Abmahnung entfernte, endete ebenfalls vor dem BGH. Frau H. war in dem Fall BGH, 27.03.2012 – VI ZR 144/11 – ebenfalls erfolglos. Kernaussage des BGH war in diesem Fall, dass der Betreiber eines Informationsportals, der erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien (konkret RSS-Feeds) ins Internet stellt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen.

Vertragsstrafe aus Unterlassungserklärung des Zeitungsverlages?

Die Rechtsfrage in dem Fall hier war, ob das Foto auf einem fremden Portal, dass dorthin über einen RSS-Feed gekommen ist, ein Verstoß der BILD-Zeitung gegen die Unterlassungserklärung war. Anders gefragt: Ergibt sich aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung, dass man auf die Abonnenten eines RSS-Feed irgendwie einwirken muss, damit diese das Foto ebenfalls nicht mehr weiter verwenden.

Nur wenn eine solche Pflicht besteht, wäre diese verletzt und damit eine Vertragsstrafe fällig geworden.

Zusätzlich Schadensersatz wegen Abmahnung eines Nutzers rechtswidriger Inhalte?

Die rechtliche Verknüpfung zu dem anderen BGH Fall mit dieser Klage direkt gegen die BILD-Zeitung war, dass zusätzlich zur Vertragsstrafe die Erstattung der Abmahnkosten für die Abmahnung des Luxemburger Informationsportals gefordert wurde.

BGH: Vertragsstrafe: nein, Schadensersatz für Abmahnkosten: ja

Weiterverbreitung durch einen RSS-Feed-Abonnenten kein Verstoß gegen Unterlassungserklärung

Der BGH stellte in seinem Urteil klar: Wer sich in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet hat, bestimmte Äußerungen künftig zu unterlassen, ist nicht verpflichtet, auf die Bezieher seines RSS-Feeds einzuwirken, die den beanstandeten Content vor Abgabe der Unterlassungserklärung bezogen haben und diesen weiter verbreiten.
Nach Auffassung des BGH ist die Weiterverbreitung durch einen Feed-Abonnenten keine Folge eines erneuten Zugänglichmachens des Fotos durch die BILD-Zeitung und damit nicht von der Unterlassungsverpflichtung umfasst.

Der BGH hält fest, dass eine Einwirkung auf die RSS-Feed-Abonnentin im Streitfall nicht erforderlich war, um das Ziel der strafbewehrten Unterlassungserklärung, die Beseitigung der Wiederholungsgefahr, sicherzustellen.

„Der für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche ernsthafte Unterlassungswille, der in der Unterwerfungserklärung und deren Strafsicherungsangebot sichtbaren Ausdruck finden muss (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1992 – I ZR 186/90, BGHZ 121, 13, 19), wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die strafbewehrte Verpflichtung sich nicht auch auf die Beseitigung der durch die Erstveröffentlichung und Abrufbarkeit Dritten ermöglichten weiteren Verbreitung oder öffentlichen Zurschaustellung erstreckt.“

Der BGH ermittelte durch Auslegung des Unterlassungsvertrages, der durch Abgabe der Unterlassungserklärung und Annahme der Unterlassungserklärung durch Frau H. zustande gekommen war, was die BILD-Zeitung zukünftig tun oder unterlassen musste.

Der BGH ging vom Wortlaut der Unterlassungserklärung aus, welcher besagt, dass es „zukünftig“ unterlassen wird, das Bild „erneut“ zu verwenden.

Wegen der im Unterlassungsvertrag enthaltenen Formulierung „erneut“ haben die Parteien – so der BGH – nur vereinbart, dass das Bild nicht erneut verwendet wird. Deshalb ergebe sich anders als bei anderen Unterlassungserklärungen keine Pflicht zur Vornahme von Handlungen, z.B. das aktive Anschreiben von RSS-Feed-Abonnenten.

Im Ergebnis musste die BILD-Zeitung also nicht etwa eine Art Presseerklärung oder eine Rundmail verfassen, um die Nutzer des RSS-Feeds von der Unterlassungserklärung zu informieren.

BILD muss aber Schadensersatz für Abmahnkosten gegenüber RSS-Feed-Abonnenten bezahlen

Allerdings bejaht der BGH einen Schadensersatzanspruch der abgebildeten Frau H. gegen bild.de wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hierzu schreibt der BGH:

„Die …Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Form des Rechts am eigenen Bild von Frau H. wäre der Beklagten zuzurechnen, auch wenn sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbildes durch Dritte wie hier durch eine Veröffentlichung seitens des RSS-Feed-Abonnenten im Internet entstanden wäre. Der Senat hat im Urteil vom 17. September 2013 (VI ZR 211/12, BÄH 199, 237, Rn. 55 f.) ausgeführt, dass die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachten Rechtsverletzungen sowohl äquivalent als auch adäquat-kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen sind, da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden.“

BGH Urteil vom 11.11.2014, Az.: VI ZR 18/14

Rechtsanwalt Alexander Grundmann
Ihr Fachanwalt für Urheber-und Medienrecht in Leipzig

Gerne berate ich Sie zum richtigen Umgang mit Abmahnungen und bei Ansprüchen auf Vertragsstrafe.

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