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8. 10. 2015 – Recht am eigenen Bild: Frauenarzt macht heimlich Fotos während der Untersuchung und geht dafür ins Gefängnis

Unerlaubte Fotos aus dem Intimbereich sind eine Straftat

Ein Frauenarzt fertigte zwischen 2008 und 2011 heimlich Bildaufnahmen in 1467 Fällen während der gynäkologischen Untersuchung an, obwohl diese nicht zu medizinischen Zwecken notwendig waren. Er führte des Weiteren nicht notwendige Untersuchungen an Patientinnen durch, um auch diese Aufzeichnen zu können.

Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Falls ist § 201 a Abs. I StGB. Dieser schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im höchstpersönlichen Lebensbereich des Einzelnen vor Bildaufnahmen durch Dritte. Im Klartext heißt das, dass Fotos aus dem Intimbereich ohne Einwilligung verboten sind und strafrechtlich verfolgt werden.

Speziell für den Fall des Frauenarztes wurde § 201 a Abs. I Nr. 1 StGB herangezogen. Danach macht sich jeder strafbar, „wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, Bildaufnahmen herstellt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der Person verletzt“. Der höchstpersönliche Lebensbereich einer Person schützt insbesondere die Intimsphäre eines jeden.

Vom Tatbestand des § 201 a Abs. I StGB werden unter anderem solche Bildaufnahmen erfasst, die „aufgrund hinreichend vorhandener Identifizierungsmerkmale von den jeweiligen Tatopfern der eigenen Person zugeordnet werden können“. Das heißt, dass die abgebildeten Opfer nicht für Dritte erkennbar sein müssen. Im Unterschied zum allgemeinen Recht am eigenen Bild handelt es sich bei den von den Patientinnen angefertigten Aufnahmen um Fotos und nicht um Bildnisse. Auf Fotos brauchen die Abgebildeten Personen nicht erkennbar sein, auf Bildnissen hingegen schon (Dreier/Schulze, § 22 Kunsturhebergesetz, Rn. 1.). Der Schutz über das Strafgesetzbuch geht somit weiter als über das Kunsturheberrechtsgesetz, wo das Recht am eigenen Bild geregelt ist.

Die Verletzung der Intimsphäre durch den Frauenarzt an seinen Patientinnen wurde vom Gericht unstreitig festgestellt. Die Tatsache, dass der Frauenarzt die Bilder der Patientinnen lediglich auf seinem Rechner speicherte und nicht verbreitete, entlastet ihn von der Rechtsverletzung an seinen Patientinnen nicht.

Verurteilung aufgrund einer Straftat

Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) verurteilte den Mediziner zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen von Patientinnen und aufgrund sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses. Außerdem wurde es ihm für  vier Jahren verboten, gynäkologische Behandlungen durchzuführen.

Der Frauenarzt und zwei Patientinnen als Nebenkläger legten gegen das Urteil des Landgerichtes Revision ein.

Der BGH hat die Revision jedoch mit der Begründung, dass die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des angeklagten Arztes ergibt, abgewiesen.

Fazit: Verletzte sind nicht nur auf die Verfolgung der zivilrechtlichen Ansprüche (z.B. Unterlassung, Schadensersatz) angewiesen. Sie sollten in solch krassen Fällen auch Strafanzeige stellen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2015, Az.: 4 StR 328/14 (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen)

 

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Alexander Grundmann, Leipzig

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

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