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17. Oktober 2016 „Spanner“ auf Facebook keine Tatsachenbehauptung sondern Meinungsäußerung

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Recht auf Meinungsfreiheit bereits dann verletzt sein kann, wenn ein Gericht ungerechtfertigt von einer Tatsachenäußerung ausgeht, obwohl es eigentlich eine Meinung ist. Aus diesem Grund hob das Bundesverfassungsgericht ein Urteil gegen einen Mann auf, der einen Polizisten als „Spanner“ bezeichnet hatte.

Mann bezeichnet Polizist auf Internetplattform Facebook als „Spanner“

Ein Mann wurde sehr häufig von demselben Polizeibeamten kontrolliert. Eines Abends bemerkte der Mann eben diesen Polizeibeamten vor seinem Haus. Der Polizeibeamte leuchtete das Haus des Mannes mit den Scheinwerfern seines Autos an.

Im weiteren Verlauf des Abends sah er dasselbe Auto noch einmal. Daraufhin veröffentlichte der Mann einen Eintrag auf seiner Facebook-Seite. Der Mann bezeichnete den Polizisten darin als „Spanner“.

Das Amtsgericht Sonneberg verurteilte den Mann daraufhin wegen übler Nachrede (§ 186 StGB) zu einer Geldstrafe. Auch das Thüringer Oberlandesgericht teilte diese Ansicht.

Beide Entscheidungen hob das Bundesverfassungsgericht jedoch auf. Das Bundesverfassungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Urteile der beiden vorangegangenen Gerichte die Meinungsfreiheit des Mannes aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletzen würden.

Falsche Einordnung der Äußerung „Spanner“ als Tatsache

Das Amtsgericht Sonneberg und das Oberlandesgericht Thüringen gingen zu Unrecht davon aus, dass es sich bei der Bezeichnung „Spanner“ um eine Tatsachenbehauptung handle. Die Äußerung „Spanner“ ist keine Tatsachenbehauptung, sondern eine reine Bewertung des Polizisten durch den Mann.

Hintergrund: Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung als Meinungsäußerung zu bewerten ist, ist für deren Zulässigkeit von erheblicher Bedeutung. Beide Äußerungsformen sind durch die Meinungsfreiheit in Art. 5 Grundgesetz in unterschiedlicher Weise geschützt. Tatsachen, oder auch Fakten sind Ereignisse, die wahrnehmbar und (zumindest theoretisch) beweisbar sind.
Eine Tatsachenbehauptung ist dem Beweis zugänglich, sie kann alos wahr oder unwahr oder richtig oder falsch sein. Meinungsäußerungen dagegen, sind subjektive Ansichten aus der wertenden Sicht einer Person, die weder beweisbar noch wahr oder unwahr sind. Sie sind wertende Stellungnahmen. Das Entscheidende ist: Meinungsäußerungen sind grundsätzlich zulässig. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind nicht erlaubt.

Hier wurde die  Äußerung bereits falsch als Tatsachenbehauptung eingeordnet. Das Amtsgericht wird sich erneut mit der Frage beschäftigen müssen, ob die Bezeichnung als „Spanner“ auf Facebook von der Meinungsfreiheit geschützt ist.

Ob der Post auf Facebook im Ergebnis von der Meinungsfreiheit gedeckt ist ließ das Bundesverfassungsgericht bewusst offen. In der Bezeichnung „Spanner“ liegt wohl eine Herabsetzung des Beamten und damit eine mögliche Beeinträchtigung. Auch eine Meinungsäußerung kann nämlich als so genannte Schmähkritik oder Beleidigung verboten sein.

Fazit: Auch bei Facebook gilt die Meiungsfreiheit, auch wenn das vielleicht manchmal schwer auszuhalten ist. Das Amtsgericht wird erneut unter Abwägung verschiedener Gesichtspunkte entscheiden müssen, ob diese Aussage durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist. Hierbei wird wohl auch der Tatbestand der Beleidigung § 185 StGB eine Rolle spielen.

Art. 5 Abs. 1 GG, § 185 StGB

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 29. Juni 2016, Aktenzeichen  1 BvR 2732/15

Vorinstanzen:

Amtsgerichts Sonneberg vom 18. Juni 2014 – 140 Js 22005/13 – 1 Cs

Thüringer Oberlandesgerichts vom 24. September 2015 – 1 OLG 121 Ss 100/14

 

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Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M., Leipzig

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

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