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Wettbewerbsrecht: Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Rezept ist Wettbewerbsverstoß

22. Januar 2015

Apotheker verklagt Apotheker

In einer Apotheke erhielt eine Patientin ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne ärztliches Rezept. Ein Konkurrent, der ebenfalls eine Apotheke betreibt, sieht darin einen Verstoß gegen § 48 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG), wonach verschreibungspflichtige Medikamente nicht ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden dürfen.

Der später klagende Apotheker nahm seinen Konkurrenten deshalb auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Die verklagte Apotheke wehrte sich mit dem Argument, sie habe aufgrund einer telefonischen Auskunft einer Ärztin davon ausgehen dürfen, zur Abgabe des Medikaments ohne Vorlage eines Rezepts berechtigt zu sein.

In der ersten Instanz war die klagende Apotheke erfolgreich, in der zweiten Instanz vor dem OLG Stuttgart wurde die Klage abgewiesen. Obwohl das OLG ebenfalls davon ausging, dass kein dringender Fall i.S.v. § 4 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vorgelegen hat, sah es nur einen einmaligen Gesetzesverstoß, der aufgrund der besonderen Situation, insbesondere wegen eines geringen Verschuldens der Beklagten, nicht geeignet gewesen sei, Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen.

Auch einmaliger Verstoß gegen Markverhaltensregel ist wettbewerbswidrig

Der BGH stellt fest, dass die Verschreibungspflicht von Medikamenten in § 48 AMG dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken dient. Ein Verstoß gegen ein Gesetz, dass das Marktverhalten regelt, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, beeinträchtigt stets spürbar Verbraucherinteressen im Sinne des UWG.

Damit liegt ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG vor.

Auch die Ausnahme in § 4 AMVV berechtigte die Apotheke im konkreten Fall nicht zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept. Die Ausnahmeregelung in § 4 AMVV setzt nämlich eine Therapieentscheidung des behandelnden Arztes aufgrund eigener vorheriger Diagnose voraus. In dringenden Fällen kann die Verschreibung dem Apotheker auch am Telefon mitgeteilt werden, aber eben nur durch den behandelnden Arzt.

Der Apotheker hätte die Patientin zum ärztlichen Notdienst im Nachbarort schicken müssen.

 

Betroffene Gesetze:
§ 48 AMG
§ 4 AMVV
§ 4 Nr. 11 UWG

BGH Urteil vom 8.1.2015, I ZR 123/13 – „Abgabe ohne Rezept“, Quelle ist die Pressemitteilung des BGH, der Urteilstext ist noch nicht veröffentlicht

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